342
Augenblick einer Reparatur bedürftig und unterworfen ist, deren
Kosten, wie es heißt, auf mehr als 70,000 Thaler veranschlagt
sind. Namentlich für die Villenanlagen in den neuen Stadt-
theilen wäre der reine Backsteinbau ohne Abputz um so empfeh-
lenswerther, als sich der rothe Thon der geschliffenen Ziegel
(Verblendsteine) zwischen dem Grün der Bäume jedenfalls ma-
lerischer und freundlicher ausnehmen würde als die langweilige
Steinfarbe unsrer ölbestrichenen Ghpsfronten, ganz abgesehen
von deren geringer Dauerhaftigkeit.
Hitzig, welcher als wahrhafter Regenerator auf diesem
Gebiet betrachtet werden darf, hat dies bei seinen neusten
Villenbauten auch auf ebenso originelle wie entschiedene Weise
berücksichtigt und ist bereits aus der großen Flur hinter Albrechts-
hof mit der Ausführung mehrer großen und auch in architek-
tonischer Beziehung höchst interessanten Villenbauten vorgegan-
gen, deren Wirkung schon jetzt, wo sie noch ziemlich isolirt und
ohne die bezügliche Umgebung dastehen, eine höchst würdige und
anmuthige ist. Aber auch im engeren Stadtgebiet beginnt man
den Ziegelbau zu kultiviren, nicht nur in Privatbauten, sondern
auch in öffentlichen Bauten. Das neue Rathhaus, was
man auch sonst in architektonischer Beziehung darüber denken
mag, liefert jedenfalls den Beweis, daß der reine Ziegelbau von
prachtvoller und gediegener Wirkung ist. Andre Gebäude, wie
das Telegraphendirectionsgebäude, zeigen noch durch
die dem Verputzbau sich nähernde Farbe der Ziegel, daß man
damals • noch nicht wagte, die warme Naturfarbe des stark ge-
brannten Backsteins in ihrer ganzen Kraft und Bestimmtheit
zur Geltung kommen zu lassen. Aehnliche Bedenken scheinen
auch bei der Grundfarbe des übrigens mit seiner Berechnung
der malerischen Wirkung durchgeführten maurischen Hauses
der Architekten v. Diebitsch am Hafenplatz, sowie bei der des
Hauses Nr. 26 in der Victoriastraße und anderen obgewaltet
zu haben. Jedenfalls legen alle diese Bauten ein erfreuliches
Zeugniß von den großen Fortschritten der heutigen Ziegel-Fa-
brikation ab, nicht nur rücksichtlich der Präcision der Formung,
sofern man alle, auch die zartesten architektonischen Formen für
die reichste Ornamentation herzustellen vermag, sondern auch
darin, daß man im Stande ist, die reiche Skala der Töne
zwischen mattem Gelb und tiefstem Braun in jeder gewünschten
Farbennuance zu produciren.
Dennoch kann nach beiden Seiten hin hier noch viel ge-
than werden, namentlich was den Reichthum und die Korrekt-
heit der Formen betrifft. Würde der Ziegelfabrikation, in Be-
treff deren ornamentaler Verwendbarkeit, eine ähnliche Ausbil-
dung und Pflege zu Theil, wie sie seitens des Dankberg'schen
Instituts der Ghpsornamentik in so ausgedehntem Maaße ge-
worden ist, so dürfte der künstlerische Rohbau in Berlin bald
einen Umfang und eine architektonische Schönheit gewinnen,
welche der feineren Privatarchitektur bald ein ganz neues und
gediegeneres Gepräge verleihen würde.
Unter den bedeutenderen Ziegelsabriken sind es besonders
vier Institute, welche sowohl durch Größe der Anlagen wie
durch die Qualität der künstlerischen und technischen Kräfte,
über welche sie disponiren, dazu befähigt wären, die Hand zu
einer solchen Regeneration der Privatarchitektur zu bieten: die
March'sche Fabrik in Charlottenburg, die Feilner'sche Fa-
brik des Herrn Friese, die Lessing'sche Fabrik in Hermsdorf
und die Rathenower Ziegelei. Von diesen beschränkt sich
jedoch die erstere, weil sie den Thon von weit her beziehen muß,
bis jetzt auf das engere Gebiet der Tektonik und beschäftigt sich,
so viel man weiß, nicht mit der Herstellung von Verblendsteinen;
wenigstens nicht in umfassender Weise. Und dennoch wäre sie,
schon durch die Nähe von Berlin, da für ein solches „Institut
für Ziegel-Ornamentik" eine fortdauernde persönliche Kommuni-
kation der Architekten mit dem Institut durchaus erforderlich
ist, vorzugsweise dazu berufen, sich zu einem solchen Institut
auszubilden. Was die Feilner'sche Fabrik des Herrn Friese
betrifft, so producirt sie hauptsächlich Oefen und was in dies
Gebiet gehört. Dies ist ihre Specialität, welche sie in einer
wohl kaum von einer andern Fabrik dieser Art übertrosfenen
Weise repräsentirt. Namentlich ist es hier der Baumeister
Strack, welcher durch geschmackvolle Zeichnungen für die künst-
lerische Hebung der Fabrik sich große Verdienste erworben. Daß
die Fabrik übrigens auch das Gebiet der Tektonik und ornamen-
talen Skulptur beherrscht, beweisen die meisterhaften, in dem
Mustersaal des Instituts ansgestellten Gegenstände dieser Art;
indeß zu einer umfassenderen Production im Gebiet der archi-
tektonischen Ornamentik ist die Fabrik bis jetzt nicht gekommen,
und wird wohl auch aus lokalen Gründen nicht dazu kommen.
Die beiden letzten der obengenannten vier Fabriken wären dagegen,
da sie über bedeutende Thonlager gebieten, in einer günstigen Lage,
um diesem Fabrikationszweige große Sorgfalt zu widmen. Hoffen
wir, daß, namentlich durch Heranziehung geeigneter künstlerischer
Kräfte — in der Weise wie Dankberg sie für sein Institut zu
gewinnen wußte — die Thätigkeit der genannten Institute sich
immer mehr der ornamentalen Architektur zuwenden möge. Da-
zu ist freilich ein Haupterforderniß dies, daß die Herren Archi-
tekten, wie sie das Dankberg'sche in Thätigkeit setzten und es
durch die mannigfaltigsten Anforderungen nöthigten, eine Viel-
seitigkeit ohne Gleichen zu entfalten, so auch die Ziegelfabrikation
durch gleiche Anforderungen, sowohl in quantitativer wie in qua-
litativer Beziehung, in die Lage und Nothwendigkeit versetzen,
diesem Fabrikationszweige ihre ganze Aufmerksamkeit und volle
Kraft zuzuwenden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß
durch ein solches praktisches Zusammenwirken der Baumeister
und der Fabrikanten — ein Zusammenwirken, an dem dann
freilich, und zwar in erster Reihe, die Bauherren selbst auch
Theil nehmen müßten — eine umfangreichere und künstlerisch
wie technisch bedeutendere Entwicklung des Ziegelbaus ermöglicht
werden dürfte, aber sicher auch nur auf diese Weise ermöglicht
werden kann.
Dies ist ein so wichtiges Moment für die nächste Zukunft
unsrer gesummten Architektur, daß seine Berücksichtigung den
Herren Architekten nicht warm genug an's Herz gelegt werden
kann. Insbesondere müßten sie aber ihr Augenmerk darauf
richten, ihren Auftraggebern, den Bauherren, die hohe Wichtig-
keit des Ziegelbaus, aus praktischen wie aus künstlerischen Grün-
den, bei jeder Gelegenheit darzulegen und gegen die mannig-
fachen Vorurtheile anzukämpfen, welche noch immer bei vielen
derselben gegen diese Bauweise vorhanden ist. (Forts, folgt.)
Augenblick einer Reparatur bedürftig und unterworfen ist, deren
Kosten, wie es heißt, auf mehr als 70,000 Thaler veranschlagt
sind. Namentlich für die Villenanlagen in den neuen Stadt-
theilen wäre der reine Backsteinbau ohne Abputz um so empfeh-
lenswerther, als sich der rothe Thon der geschliffenen Ziegel
(Verblendsteine) zwischen dem Grün der Bäume jedenfalls ma-
lerischer und freundlicher ausnehmen würde als die langweilige
Steinfarbe unsrer ölbestrichenen Ghpsfronten, ganz abgesehen
von deren geringer Dauerhaftigkeit.
Hitzig, welcher als wahrhafter Regenerator auf diesem
Gebiet betrachtet werden darf, hat dies bei seinen neusten
Villenbauten auch auf ebenso originelle wie entschiedene Weise
berücksichtigt und ist bereits aus der großen Flur hinter Albrechts-
hof mit der Ausführung mehrer großen und auch in architek-
tonischer Beziehung höchst interessanten Villenbauten vorgegan-
gen, deren Wirkung schon jetzt, wo sie noch ziemlich isolirt und
ohne die bezügliche Umgebung dastehen, eine höchst würdige und
anmuthige ist. Aber auch im engeren Stadtgebiet beginnt man
den Ziegelbau zu kultiviren, nicht nur in Privatbauten, sondern
auch in öffentlichen Bauten. Das neue Rathhaus, was
man auch sonst in architektonischer Beziehung darüber denken
mag, liefert jedenfalls den Beweis, daß der reine Ziegelbau von
prachtvoller und gediegener Wirkung ist. Andre Gebäude, wie
das Telegraphendirectionsgebäude, zeigen noch durch
die dem Verputzbau sich nähernde Farbe der Ziegel, daß man
damals • noch nicht wagte, die warme Naturfarbe des stark ge-
brannten Backsteins in ihrer ganzen Kraft und Bestimmtheit
zur Geltung kommen zu lassen. Aehnliche Bedenken scheinen
auch bei der Grundfarbe des übrigens mit seiner Berechnung
der malerischen Wirkung durchgeführten maurischen Hauses
der Architekten v. Diebitsch am Hafenplatz, sowie bei der des
Hauses Nr. 26 in der Victoriastraße und anderen obgewaltet
zu haben. Jedenfalls legen alle diese Bauten ein erfreuliches
Zeugniß von den großen Fortschritten der heutigen Ziegel-Fa-
brikation ab, nicht nur rücksichtlich der Präcision der Formung,
sofern man alle, auch die zartesten architektonischen Formen für
die reichste Ornamentation herzustellen vermag, sondern auch
darin, daß man im Stande ist, die reiche Skala der Töne
zwischen mattem Gelb und tiefstem Braun in jeder gewünschten
Farbennuance zu produciren.
Dennoch kann nach beiden Seiten hin hier noch viel ge-
than werden, namentlich was den Reichthum und die Korrekt-
heit der Formen betrifft. Würde der Ziegelfabrikation, in Be-
treff deren ornamentaler Verwendbarkeit, eine ähnliche Ausbil-
dung und Pflege zu Theil, wie sie seitens des Dankberg'schen
Instituts der Ghpsornamentik in so ausgedehntem Maaße ge-
worden ist, so dürfte der künstlerische Rohbau in Berlin bald
einen Umfang und eine architektonische Schönheit gewinnen,
welche der feineren Privatarchitektur bald ein ganz neues und
gediegeneres Gepräge verleihen würde.
Unter den bedeutenderen Ziegelsabriken sind es besonders
vier Institute, welche sowohl durch Größe der Anlagen wie
durch die Qualität der künstlerischen und technischen Kräfte,
über welche sie disponiren, dazu befähigt wären, die Hand zu
einer solchen Regeneration der Privatarchitektur zu bieten: die
March'sche Fabrik in Charlottenburg, die Feilner'sche Fa-
brik des Herrn Friese, die Lessing'sche Fabrik in Hermsdorf
und die Rathenower Ziegelei. Von diesen beschränkt sich
jedoch die erstere, weil sie den Thon von weit her beziehen muß,
bis jetzt auf das engere Gebiet der Tektonik und beschäftigt sich,
so viel man weiß, nicht mit der Herstellung von Verblendsteinen;
wenigstens nicht in umfassender Weise. Und dennoch wäre sie,
schon durch die Nähe von Berlin, da für ein solches „Institut
für Ziegel-Ornamentik" eine fortdauernde persönliche Kommuni-
kation der Architekten mit dem Institut durchaus erforderlich
ist, vorzugsweise dazu berufen, sich zu einem solchen Institut
auszubilden. Was die Feilner'sche Fabrik des Herrn Friese
betrifft, so producirt sie hauptsächlich Oefen und was in dies
Gebiet gehört. Dies ist ihre Specialität, welche sie in einer
wohl kaum von einer andern Fabrik dieser Art übertrosfenen
Weise repräsentirt. Namentlich ist es hier der Baumeister
Strack, welcher durch geschmackvolle Zeichnungen für die künst-
lerische Hebung der Fabrik sich große Verdienste erworben. Daß
die Fabrik übrigens auch das Gebiet der Tektonik und ornamen-
talen Skulptur beherrscht, beweisen die meisterhaften, in dem
Mustersaal des Instituts ansgestellten Gegenstände dieser Art;
indeß zu einer umfassenderen Production im Gebiet der archi-
tektonischen Ornamentik ist die Fabrik bis jetzt nicht gekommen,
und wird wohl auch aus lokalen Gründen nicht dazu kommen.
Die beiden letzten der obengenannten vier Fabriken wären dagegen,
da sie über bedeutende Thonlager gebieten, in einer günstigen Lage,
um diesem Fabrikationszweige große Sorgfalt zu widmen. Hoffen
wir, daß, namentlich durch Heranziehung geeigneter künstlerischer
Kräfte — in der Weise wie Dankberg sie für sein Institut zu
gewinnen wußte — die Thätigkeit der genannten Institute sich
immer mehr der ornamentalen Architektur zuwenden möge. Da-
zu ist freilich ein Haupterforderniß dies, daß die Herren Archi-
tekten, wie sie das Dankberg'sche in Thätigkeit setzten und es
durch die mannigfaltigsten Anforderungen nöthigten, eine Viel-
seitigkeit ohne Gleichen zu entfalten, so auch die Ziegelfabrikation
durch gleiche Anforderungen, sowohl in quantitativer wie in qua-
litativer Beziehung, in die Lage und Nothwendigkeit versetzen,
diesem Fabrikationszweige ihre ganze Aufmerksamkeit und volle
Kraft zuzuwenden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß
durch ein solches praktisches Zusammenwirken der Baumeister
und der Fabrikanten — ein Zusammenwirken, an dem dann
freilich, und zwar in erster Reihe, die Bauherren selbst auch
Theil nehmen müßten — eine umfangreichere und künstlerisch
wie technisch bedeutendere Entwicklung des Ziegelbaus ermöglicht
werden dürfte, aber sicher auch nur auf diese Weise ermöglicht
werden kann.
Dies ist ein so wichtiges Moment für die nächste Zukunft
unsrer gesummten Architektur, daß seine Berücksichtigung den
Herren Architekten nicht warm genug an's Herz gelegt werden
kann. Insbesondere müßten sie aber ihr Augenmerk darauf
richten, ihren Auftraggebern, den Bauherren, die hohe Wichtig-
keit des Ziegelbaus, aus praktischen wie aus künstlerischen Grün-
den, bei jeder Gelegenheit darzulegen und gegen die mannig-
fachen Vorurtheile anzukämpfen, welche noch immer bei vielen
derselben gegen diese Bauweise vorhanden ist. (Forts, folgt.)