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Die Gartenkunst — 12.1910

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Schneider, Camillo: Über japanische Gartenkunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0028

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20

DIE GARTENKUNST.

XII, 2

scher Anlagen angeregt worden. Das wäre eine völlige das an japanisches Kunstempfinden erinnert. Ich weiß,
Verkennung der historischen Entwickelung. Die Ur- daß Langes Anschauungen, die übrigens wohl zumeist
Sachen dafür, daß man auch in der Gartenkunst begann, etwas mißverstanden wurden, viel Befremden erregen,
die Motive der Natur, nicht nur die einzelne Pflanze, Und das ist begreiflich. In Japan gehört es, wenn ich
zu verwerten, sind die gleichen, wie für das Aufkommen die zitierten Autoren recht verstehe, gewissermaßen
der Landschaftsmalerei und der näheren Wissenschaft- mit zur Erziehung, in bestimmten Naturszenen und
liehen Erforschung der Natur, die uns umgibt. Man Pflanzen bestimmte Stimmungsmotive oder sagen wir
könnte sich da nur fragen, ob die Wissenschaft die mit Lange Leitmotive zu erblicken. Das ist uns fremd,
Evolution einleitete oder die Kunst. Da es aber immer wenn gleich auch wir Reste einer Blumensprache haben
so zu sein scheint, daß die Kunst vorausahnt, was erst und gewisse Szenerien u. dergl. in vielen von uns
nach und nach die Wissenschaft näher umschreibt und analoge Empfindungen auslösen. Aber wir sind nicht
beweist, so dürften jeden- so eng mit der Natur Ver-
falls durch Künstler die 1—«^1^^^^^m^^MH bunden oder haben, wie
allerersten Anregungen ÄJ^fe man vielleicht sagen kann,
zur Evolution der Natur- yjf^'lßM nicht soviel in die Natur
l.i'!ii : Ii hineingeheimnist, daß wir
sagen darf) gegeben wor- B allgemein gültige, jedem
n in H bekannte ästhetische Re-
Geschichte kenne, trifft BHS^BÄBHk-- ' ^JHB £>em daraus entwickelt
dies auch /.u. HHMMHHr''' "^^^^^^ ' <*8 hätten. Deshalb pflegt
Da nun die R SäjISp .^(^^"WBfcw man bei uns über Lange
Vertiefung der Naturfor- , • ^SfcV/ zu lächeln, wenn er den
schling nicht zuletzt sieh 9 ;,yl» jj? '^B* /9H kraftvoll-hoffnungsgrünen
in dein Aufsuchen unbe- BJ B^SSfew-. Jt, jk .^JHB Lichtenjungwakl mit sei-
kannter Länder bekun- ^fflB 111,11 r,,lcn I51ütenteppich
dete. kamen dir l!c Hh St & jUH ein Lebenslied singen läßt,
in hie über Ostasien und flSB^SBjT^ ! *'" Ich habe schon wie-
seine Kultur und Kunst B Ba___-JP* Wf^lß^fS^SSäkffl■■ " " '^jB derholl betont, daß Lange
schon sehr bald na* h <e m B .. "'^kmjj^&^H mit den Mitteln der Gar-
Aufkeimen der Land- BMBSBj fi* ' flfl tenkunst Dinge ausdrük-
schaftsgcstaltung zu uns IUhW...> -•• % ken will, die sich damit
und haben allerdings zur fl . ^^r¥SR' tdm für unser Kunstempfinden
Förderung der Entwicke- I «jl : nur ganz
hing dieser Kunst mit bei- H '~iB wis<- luliü-at
getragen. Aber wenn wir Bj j& machen lassen. Bei den
zum Beispiel jetzt in urise- B B?- — ^ Japanern ist das anders,
rer Baukunst im H %g BJ Lud ich w age nicht zu ent -
Kunstgewerbe gar manche scheiden, ob deswegen die
Formen finden, die ost- B^H japanische Gartenkunst
asiatischen sehr gleichen, BS& j(-mlBL ' ~*iiiwi 'jditdH höher steht. Aber selbst
so ist eine direkte Über- B wenn sie in ihrer Art höher
nähme aus der chinesi- BJ stände, so glaube ich, sind

sehen oder japanischen „ . ~ wir reicher an Ausdrucks-

v . , i , i i. 6. Blick in den Küchengarten im Park der Lady Lilford. .. i T^

Kunst doch wohl selten, 6 J moghchkeiten der Kunst,

vielmehr ergibt sich die beziehungsweise haben

Ähnlichkeit zwanglos daraus, daß wir eben auch ge- wir andere Ausdrucksformen mehr ausgebildet, so daß

lernt haben, die Vorbilder der Natur in analoger Weise wir vieles, was die Japaner durch die Gartenkunst

zu verwerten. sagen mögen, auf poetischem, musikalischem oder

Ich sagte schon oben, daß mich einige Garten- anderem Wege künstlerisch wiedergeben — und mit
Schöpfungen Willy Langes „japanisch" angemutet diesen Mitteln wahrscheinlich viel reicher und tiefer,
hätten, und das ist ganz natürlich, denn Langes „bio- als der Japaner durch die Gartengestaltung,
logische" Gartenkunst verarbeitet ja die Natur ähnlich Ich lasse vorläufig die Frage offen, ob durch die
wie die Japaner, im Grunde aber sind beide Gestaltungs- von Lange (in der 2. Auflage etwas besser) veran-
weisen recht wesensverschieden. Es wäre jedenfalls schaulichte, von der Musik inspirierte Entwickelung
ein Unsinn zu behaupten, Lange habe seine Anschau- von Leitmotiven die Landschaftsgestaltung sich künst-
ungen aus Japan bezogen. lerisch noch veredeln ließe. Es wäre ganz interessant,

Und doch finden wir, besonders in der I. Auflage von einmal solchen Betrachtungen nachzuhängen, das würde

Langes Buch, im Kapitel „Leitmotiv" manches gesagt, jedoch vor allem eine Auseinandersetzung mit der
 
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