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Die Gartenkunst — 12.1910

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Arntz, Wilhelm: Italienische Renaissance-Gärten, [1]: Villa Bettoni bei Bigliaco
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0035

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XII> 2 DIE GARTENKUNST. 27

mit unsern heutigen Leistungen. Sie
lassen uns auch erkennen, daß Wert-
volles, Bleibendes nur da ersteht, wo
die Kunst als ein Strom aus der Tiefe
kommt, als ein machtvoller, unge-
ratener Drang, der unwiderstehlich
Ausdruck heischt, daß aber alles, was
nur mit Absicht, aus Verstand und
ohne innere Hingabe hergestellt wird,
lebensunfähig und zeugungsunfähig
bleibt.

Unsere deutsche Fachliteratur
beschäftigt sich vorwiegend mit dem
französischen Gartenstil, dessen Bei-
spiele wir ja im eigenen Lande haben,
und die durch die tatsächliche An-
schauung einen vielstärkeren Einfluß
ausüben, als die weitentfernten Denk-
mäler der italienischen Renaissance- i. Villa Bettoni, Bogliaco, von der Seeseite gesehen.
Gartenkunst, welche zu uns nur durch

Abbildungen und Beschreibungen reden können. Und Die folgenden Ausführungen, Eindrücke und Er-

doch sind diese das unerreichbare Vorbild jener ge- fahrungen einer Studienreise, sollen nur jene, an sich
Wesen. Le Nötre hatte eingehende Studien in Italien sehr gründlichen, Werke ergänzen, vielleicht auch
gemacht und darnach den infolge der praktischen Not- manches darin Enthaltene in anderm Lichte, dem der
wendigkeiten doch so sehr verschiedenen französischen unmittelbaren Anschauung, wiederholen und kurz auf
Garten geschaffen. Über die italienischen Gärten gibt die bedeutendsten der Anlagen eingehen, vor allem
es dagegen einige ausgezeichnete Prachtwerke in eng- aber möglichst viele Abbildungen bringen,
lischer Sprache mit beredten Abbildungen. Die Hauptorte der Renaissance-Gartenkunst waren

A. Holland Forbes: Architectural Gardens of Rom, Florenz und Genua. Aber im ganzen Lande
Italy. liegen einzelne Villen (die „Villa" ist die Gesamt-

Latham: The Gardens of Italy. h e i t von Haus = Casino, Palazzo, und Garten — Giardino

H. Inigo Triggs: The Art of Garden Design in nebst Nutzgärten, die ihre besonderen Namen haben)
Italy. da und dort verstreut. In Bogliaco am Gardasee

Janet Ross: Florentine Villas. fand ich durch Zufall eine nirgends erwähnte reizende

Auch das ältere französische Werk von Percier u. Villa aus der edlen zweiten Nachrenaissance. Um
Fontaine ist vortrefflich. Ein gründliches deutsches 1725 wurde mit den Plänen begonnen, um 1740 wurde
Buch ist nur das von Tuckermann, doch mangelt ihm sie vollendet. Einzelne Teile (wie die Grotte) bestanden
die Unterstützung durch gute Abbildungen. schon vorher an anderer Stelle und wurden, bedingt

durch den architektonischen Aufbau
des Ganzen, an ihren heutigen Platz
verschoben und mit einbezogen. Es
geschah zu jener Zeit, da man der ba-
rocken Spielereien und Ausartungen
überdrüssig im Norden zum engli-
schen Naturgarten überging, während
man in Italien einfach zu den gerei-
nigten, gesunden Grundlagen der ein-
stigen Blütezeit zurückkehrte. Da-
her zeichnet sich dieser Garten durch
die Reinheit in der Komposition, wie
in den einzelnen Formen aus.

Es ist übrigens bezeichnend für
die ganze kraftvoll gesunde Auffas-
sung jener Zeiten, daß man die er-
wähnte Grotte abbrach und an der
neuen Stelle wieder aufbaute, um
eine geschlossene architektonische
2. Villa Bettoni, Bogliaco: Blick vom Palastportal aus in Richtung der Hauptachse. Wirkung zu erzielen. In unsern Tagen
 
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