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Die Gartenkunst — 12.1910

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Arntz, Wilhelm: Italienische Renaissance-Gärten, [1]: Villa Bettoni bei Bigliaco
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0037

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XII, 2

DIE GARTENKUNST.

29

gebrochene Treppen zur obersten Terrasse. Die
I lauptachse trägt dort noch eimal über einer Treppe
ein Rondell mit einem Springbrunnen und verliert sich
dann, eine Strecke weit durch Lorbeerhecken betont, in
den Ölbäumen des Berghanges. Wie Abb. 3 und 4
deutlich veranschaulichen, ist die Fläche des unteren,
des hauptsächlichen Gartens in Rasenbeete von eigenen
Formen sehr glücklich aufgeteilt. Nach einem alten
Plane war ursprünglich eine strahlenartige Aufteilung
beabsichtigt gewesen, die aber sicher zu einer Eintönig-
keit geführt hätte. Die Beete auf den Rasenstücken
prangten Ende November zum Teil noch in üppiger
Blüte von Salvien, zum Teil waren sie neu bepflanzt. In
anderen Formen könnten sie sicher noch eine bessere
Wirkung erreichen. Den Fuß der untersten, umfassen-
den Terrassenmaucr und Treppenwangen säumen schmale
Rabatten, mit Chrysanthemum bepflanzt. Einen eigen-
tümlich südlichen Charakter erhält der Garten noch
durch die frei überwinternden Chamaerops, Phönix und
Yucca.

Rechts und links schließen sich die Nutzgärten
an : Die Limonieren, das sind die Zitronengärten, welche
im Winter über der massiven Rückwand (der Bergmauer)
und freistehenden Steinpfeilern mit Brettern eingedeckt
werden, und die Olivengärten und Gemüsegärten. Die
Zitronengärten würden sich in anderen Fällen sicher
in der Gesamtkomposition prächtig verwerten lassen.
Mit ihren schönlaubigen Bäumen, den goldigen Früchten
und den weißen, köstlich duftenden Blütensternen

5. Villa Bettoni, Bogliaco: Blick durch den südlichen
Bogen auf die Straßenerweiterung vor dem Palaste.

6. Villa Bettoni, Bogliaco: Ecktreppe zur Stralienüberbrückung.

haben sie in Wirklichkeit einen Zauber, der dem nicht
nachsteht, welchen ihnen im Norden unsere Phantasie
verleiht. Ebenso gehören die Olivengärten oder Haine
bei einigem Alter zum Schönsten, das man sich denken
kann, besonders im Winter und Frühjahr. Über saftig-
grünen, von leuchtenden Blumen belebten Wiesen die
knorrigen grauen Stämme und das zierliche, graugrüne
silberige oder goldige ( je nach der Beleuchtung) Laub.

liier hat es der Schöpfer der Anlage verstanden,
der Versuchung, diese Teile mit in den Aufbau des
Ganzen einzubeziehen, zu widerstehen. Es war viel-
leicht auch gar nicht sein eigenes Verdienst. Denn
in der späteren Renaissance schied man meist grund-
sätzlich alle Nutzgärten für sich aus. Auf jeden Fall ver-
dankt der Garten dieser Beschränkung die straffe Monnu-
mcntalität, die vollkommene Geschlossenheit. Dabei
sind seine einzelnen Teile, ohne überladen zu sein, sehr
reich ausgebildet. Die Architekturformen, die Skulp-
turen sind meist von großer Reinheit und Schönheit.
Dazu kommt die Üppigkeit der Vegetation und die
wunderbare Umgebung. (Daß diese letzteren allein
aber nicht die Schönheit bedingen, kann man in den
neuen Gärten der umliegenden „Villen" sehen, die in
ihrer Gestalt sehr betrüben, wenngleich das Rcise-
publikum an Palmen, Gedern, Cypressen, Orangen und
üppigster Blumenpracht seine unschuldige Freude hat.)

Dieser Garten zeigt, wie die meisten, von denen
ich später sprechen werde, das, was die Arbeiten der
Neuzeit immer noch so wenig beachten, daß es näm-
lich vor allen anderen Dingen ankommt auf gcschlos-
 
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