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Boissereo Beschreibung des Doms In Köln.
von Ja aus hat der Fluch , wie spät noch Vasari beweglich
klagt, die Halbinsel von einem Ende zum andern durchzogen.
Aber dieser Fluch ist nicht ohne Segen für das Land und die
Kunst überhaupt geblieben. Indem der Volksgeist in aller
Macht der eindringenden ihm widerwärtigen Weise sich er-
wehrte, erstarkte auch er wieder seinerseits im langen Kampfe,
und eroberte endlich auch sich selber ein eingenthümlich Kunst-
gebiet, in dem seine classische Vorzeit in origineller Weise
verjüngt aufs neue sich anbauen mochte. Aber früher noch,
ehe davon die Rede seyn konnte, war Dante aufgestanden,
tiefsinnig wie irgend je ein teutscher Meister und in Symbo-
len plastisch zugleich und mystisch, wie keiner, der nach ihm
gekommen, hatteer jener Volkssprache sich bemeistert, die
erst vor Kurzem seit der Mitte des XII. Jahrhunderts zaghaft
den Kreisen der Bildung sich genaht, und sie schnell in den
Mittelpunkt derselben hineingesetzt. Zur nämlichen Zeit, als
Erwin von Stein bach sein grosses Werk vollführte, und
teutsche Meister in Italien nach ihrem Grunde Visirung
stellten, baute auch er in dieser Sprache das grosse Münster
der Poesie, die divina commedia auf, das Pandämonium zu-
gleich und Pantheon, wie das ägyptische Labyrinth die Hälfte
seiner Hallen, eine grosse Krypta und ein anderes Purgatorium
des heiligen Patricius, unter der Erde birgt, und von jenen
Abgründen hinauf, die keine Nacht erhellt und wo keine
Liebe wohnt, durch die Regionen, in denen ein zweifelhaf-
tes Zwielicht langsam dämmert, endlich am Licht des Tages
durch alle Planetenhimmel kühn aufstrebt bis dahin, wo im
Allerheiligsten die Herrlichkeit des Herrn das Haus erfüllt, in
der alle Liebe sich im Schauen löst, und alle einströmende
Erkenntniss immer wieder ausströmt in Liebe und Verlangen.
Und dieser nämliche Dante war seines Zeichens im Politischen
ein Gib eil ine, er hat zugleich über die Würde und die Be-
deutung des Kaiserthums vielleicht das Beste geschrieben, was
darüber besteht, und eben dieser Gesinnung wegen musste
er aus seiner Vaterstadt entweichen, und in der Verbannung
sterben.
Wir haben die welthistorische Wichtigkeit und das Wesen
des grossen Werkes , dessen Darstellung und Deutung Boisseree
unternommen, umständlicher als sonst der Umfang einer Anzeige
gestatten will, auseinanderzusetzen gesucht, damit das teut-
sche Volk , indem es in ihm auf seine eigenste Seele sich zu-
rückbesinnt, und das redende Denkmal seiner alten Ehre und
dieHandveste seines angestammten Adels wieder erkennt, dem
Uhteiüebmen die verdiente Theilnalune zuwenden möge. Diese
Boissereo Beschreibung des Doms In Köln.
von Ja aus hat der Fluch , wie spät noch Vasari beweglich
klagt, die Halbinsel von einem Ende zum andern durchzogen.
Aber dieser Fluch ist nicht ohne Segen für das Land und die
Kunst überhaupt geblieben. Indem der Volksgeist in aller
Macht der eindringenden ihm widerwärtigen Weise sich er-
wehrte, erstarkte auch er wieder seinerseits im langen Kampfe,
und eroberte endlich auch sich selber ein eingenthümlich Kunst-
gebiet, in dem seine classische Vorzeit in origineller Weise
verjüngt aufs neue sich anbauen mochte. Aber früher noch,
ehe davon die Rede seyn konnte, war Dante aufgestanden,
tiefsinnig wie irgend je ein teutscher Meister und in Symbo-
len plastisch zugleich und mystisch, wie keiner, der nach ihm
gekommen, hatteer jener Volkssprache sich bemeistert, die
erst vor Kurzem seit der Mitte des XII. Jahrhunderts zaghaft
den Kreisen der Bildung sich genaht, und sie schnell in den
Mittelpunkt derselben hineingesetzt. Zur nämlichen Zeit, als
Erwin von Stein bach sein grosses Werk vollführte, und
teutsche Meister in Italien nach ihrem Grunde Visirung
stellten, baute auch er in dieser Sprache das grosse Münster
der Poesie, die divina commedia auf, das Pandämonium zu-
gleich und Pantheon, wie das ägyptische Labyrinth die Hälfte
seiner Hallen, eine grosse Krypta und ein anderes Purgatorium
des heiligen Patricius, unter der Erde birgt, und von jenen
Abgründen hinauf, die keine Nacht erhellt und wo keine
Liebe wohnt, durch die Regionen, in denen ein zweifelhaf-
tes Zwielicht langsam dämmert, endlich am Licht des Tages
durch alle Planetenhimmel kühn aufstrebt bis dahin, wo im
Allerheiligsten die Herrlichkeit des Herrn das Haus erfüllt, in
der alle Liebe sich im Schauen löst, und alle einströmende
Erkenntniss immer wieder ausströmt in Liebe und Verlangen.
Und dieser nämliche Dante war seines Zeichens im Politischen
ein Gib eil ine, er hat zugleich über die Würde und die Be-
deutung des Kaiserthums vielleicht das Beste geschrieben, was
darüber besteht, und eben dieser Gesinnung wegen musste
er aus seiner Vaterstadt entweichen, und in der Verbannung
sterben.
Wir haben die welthistorische Wichtigkeit und das Wesen
des grossen Werkes , dessen Darstellung und Deutung Boisseree
unternommen, umständlicher als sonst der Umfang einer Anzeige
gestatten will, auseinanderzusetzen gesucht, damit das teut-
sche Volk , indem es in ihm auf seine eigenste Seele sich zu-
rückbesinnt, und das redende Denkmal seiner alten Ehre und
dieHandveste seines angestammten Adels wieder erkennt, dem
Uhteiüebmen die verdiente Theilnalune zuwenden möge. Diese