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N. 33.

1825.

Heidelberger
Jahrbücher der Literatur.


Fe u erb ach über Oeüentltchkeit und Mündlichkeit
der Gerechtigkeits-Pflege. Bd. 11.

(BeicAsa ^
Das Kap. IV. (von S. 420) über das französ. Geschwoft
nengeticht ist höchst merkwürdig durch die vielen Notizen,
welche der Verf. seihst von Mitgliedern der französ. Pairskam-
mer mitgetheilt erhielt; dais das jetzige franz. Geschwornen-
Gericht weder die bürgerliche Freiheit sichert, noch aut einem
-consecpienten Prinzip beruht, gestehen alle Schrittsteller ein;
schon dadurch, dass nur Urtheilsjury da ist ohne Anklagsjury
(S. 431) ist die Verfassung verstümmelt; die Bildung der Ge-
schwornenliste ist so schlecht, dats man mit Recht mit Beren-
ger rufen kann: voila les 36Commiesairesl Während der eng-
lische Geschworne gegen jede mögliche Einwirkung von Aus-
sen gesichert ist (S. 150) ist der französ, Geschworne allen
Einslüssen des Partheienhasses, der Schmeichelei, der Volks-
gunst und der Klatscherei Preis gegeben. Während in Eng-
land die Jury nach einer theils auf Gesetze^ theils und vorzüg-
lich auf Gerichtsgebrauch und alte Ansicht sich stützende Be-
weistheorie ihr Ertheil baut, bilden sich die Franzosen oft
ein, dass dieGeSchwornen ohne alle Beweistheorie und nur
nach innerer Ueherzeugung, d. h. nach Willkühr, sprechen
sollen. Es hatRec. schon in diesen Jahrbüchern (l824 S. 809)
die Unrichtigkeit dieser Ansicht zu zeigen versucht, und es
muss bemerkt werden, dass auch das franz. Gesetz (man sehe
Art. 342) vorausgesetzt hat, dass dieGeschwornenmit prüfen-
dem Verstände die Gründe für und wider abwägen werden, und
nach den Regeln, die der sorgfältige und gebildete Mann im
Leben zur Erforschung der Wahrheit von Thatsachen anwen-
det, ihr Urtheil fällen sollen. Das Unglück liegt nur darin,
dass, während in England die Jury ein mit der Nation alt
gewordenes durch traditionelles Recht fortgebildetes Institut
XVIII. Jahrg. 6. Heft. 35
 
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