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G. E. Schulze : ob Leibniz ein Katholik gewesen ?

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hat, warum eine besondere Kirche zu bieihen jetzt ihr Gewis-
senspflicht ist. Nur wenn das Protestiren nicht mehr nöthig
seyn würde, wollte man gern auch mit dem Namen evangelisch
den protestansischen nicht mehr verbinden.
Und deswegen sah dann Leibniz deutlich ein , dass nach
der zweiten Unronsatt zuvörderst manche römische Dogmen
unanstöisiger dargestellt werden müssten. Jn dieser Bezie-
hung hat sein theologischer Aufsatz meist recht gut gezeigt,
wie man mit der Lehre von guten Werken, Mönchsorden,
Bilder- und Heiligenverehrung, sieben Sakramenten, Prie-
sterweihe und selbst mit demMessopfer sich aussöbnen könnte,
wenn alles dieses nur so dargestellt würde, wie es (freilich
nicht dt e römische Kirche , nicht ihr Tr identin um und nicht ihre
scholastische Concilienanhänger, doch aber) aufgeklärtere Ka-
tholiken, wie Veronius, Thomas Alhius und Andere theils
schon dargestellt hätten (s. Leibn. Opera Tom. VI. p. 307.),
theils aber annehmbar finden könnten. Dagegen aber wusste
er wohl (s. ebendas, p 308 ), dass mit dieser Darstellungsart
riie dogmatische Analysis romana seu curialis, quatn et
tuentur Jesuitae (vide Honoratum I'abri lihro de una fide
contra indisfrrentes)gar nicht übereinstimmten 1! und deswe-
gen auch eine eigentliche Lehreinheit in der römisch-katho-
lischen Kirche nicht stattfinde , da die Römer und Jesuiten
darauf ausdrücklich bestünden, salvari non posse nisi qui po-
testatem et infallibilitatem pontificis credat. — — —
Weil daher die allgemeine Annahme verbesserter Dogmen
neben Behauptung der herkömmliche)! Infallihilität bei vielen,
wie man voranssah, nicht stattfinden konnte, so verband,
in der vorläufigen Correspondenz mit Pelisson und Bossuet,
derLeibnizische Plan von Union hauptsächlich noch die For-
derung der dritten Unionsart, dass mau sich über die Kirchen-
verfassung verernigen, allen Kirchengenossen aber freisteilen
sollte, ob sie dasConcilium Tridentinum mit den Römischen
ganz, oder aber, nach dem Beispiel der gallikanischeti Kir-
che, nur mit Auswahl, ihrem Gewissen gemäss, annehmen
könnten. Dies ist, wenn man die Leibnizischen Schriften
in dieser Beziehung unabhängig studirt, sein Plan und Ge-
dankenzusammenhang. Dies ist's auch, was ein Mann von
seinem Geiste als denkbar und mit der Gewissensruhe,
die er schon (als Evangelischer Protestant) genoss, über-
einstimmend betreiben konnte. Die Dogmen hoffte er
theils besser erklärt zu haben , theils freigegeben zu sehen ;
die M issh rauche aber (S. i 92 der Mainzer Ausg.) , welche
doch die Kirche selber missbillige, würden alsdann leichter
 
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