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1154 Zur neueren Dogmengescluchte und Beurtheilung
eigentliche Verstand aher ist dann doch auch wieder von der
idealisirenden Vernunst, oder dem Denken der Vollkommen-
heitsideen, besonders in der Religionslehre, wohl zu unter-
scheiden.
Das andere sich über die Natur erhebende Wort beruft
sich auf Uebernatürliches und Uebervernünftiges, erklärt aher
nicht leicht, was es unter der Natur und unter der Vernunft
verstehe, die man aus irgend eine zuverlässige Weise glücklich
überschritten habe ; (während wir Menschen auch im Au 1-
nehmen des Göttlichsten doch im besten Fall mehr nicht als
menschlich-vernünftig und menschlich-verständig seyn kön-
nen, und alles, was wir wissen und glauben, nur als ver-
nünftige und verständige zu erfassen, folglich auch nicht anders
zu wissen und zu glauben vermögen , also wohl unter die
verständige Vernünftigkeit herab, nicht aber über sie hinauf
zu kommen fähig sind.) <
Noch weniger erfährt man bestimmt, was denn alles
dort über die Natur und Vernunft hinaus entdeckt und offen-
bar geworden sey; wenn man auch je erfahren könnte, wie
man mit Vernunft über die Vernunft hinaus komme.
Wer mit den vielerlei Gegenständen , die unter diesen
beiderlei Namen zusammengefalst werden, genauer bekannt
ist, der kann und ntuls oft auf die Frage, „ob er Rationalist
oder Supernaturalist sey ", zugleich auf beiden Seiten mit Ja ,
und mit Nein, antworten, weil fast ein jeder, der sich indels
über die Sache össentlich erklärt hat, unter den beiden Wor-
ten manches mitbegreift, was der andere nicht eben so dazu
rechnet.
Nichts wird hierdurch klarer, als dass jetzt noch ein Un.
tersuchungszustand dauert, welcher zu bestimmten Erklärun-
gen der Uebergang seyn wird. Und nichts ist daher mehr zu
verhüten, als dass nicht etwa auf einer oder der andern Seite
das vollständige, freimüthige Durchsprechen der nun einmal
unabweislichen Fragen etwa durch verächtliches Absprechen
oder durch Verketzerungssucht u. dergl. gehemmt werde.
Denn das Zurückhalten der vollen Gründe und Gegengründe
verlängert nur den Streit. Kann aber auf beiden Seiten , was
dafür oder dawider gedacht oder gemeint werden mag , in
möglichster Stärke vor unser im Stillen aufmerksames Publicum
treten, so beweisen schon mehreie kirchlich-theologische Bei-
spiele, wie noch weit gehässigere Streitigkeiten unter denen,
die nicht mitschreiben , aher mitdenken und sich unter einan-
der verständigen, ohne alle Gewalt oder vielmehr gerade, weil
die Gewalt, seit Friedrichs H. Beispiel sür Selhstüberzeugungs-

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