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des Rationalismus und Supernaturalismus. 1155
s'reiheit, dazwischen zu treten anfhörte, sich seihst geholten
und geschlichtet haben. Oder sind wir denn auf einem andern
Wege zu der Möglichkeit und Wirklichkeit der evangelischen
Kirchenunion über Streitfragen gekommen, wegen welcher
man ehedem, der EormulaConcordiae zu Ehren, den dreißig-
jährigen Krieg beginnen lieis, und noch früher tausende von
Geistlichen herzlich misshandelte oder durch Absetzungsdro-
bung zu Unterdrückung ihrer Ueherzeugungen vermochte^
ohne dass dadurch die streitige Lehrbehauptungen wahr, oder
auch nur geltend gemacht werden konnten ?
Wäre freilich der Rationalismus das abscheuliche Unding,
wie es von einem theologisirenden Philosophen in dem Vo-
tum (unter No. I.) geschildert wird, so wäre er so verwerf-
lich, dais kaum in der künftigen Dogmengeschichte noch davon
die Rede werden würde. NachS. 4l. ist (— der Verf. sagt
nur nicht, wo und in wem —) „der Geist des Rationalismus
nicht Freiheit im Gebrauch der Vernunft bei Auffassung und
Beurtheilungder Offenbarung, sondern Willltühr gegen That-
sachen und philosophische Einseitigkeit in der Ansicht vom
Wesen der Religion." Nach S. 34 - ist der Rationalist dem
Verf. „ein Philosoph ohne Glauben und histori-
sche Auffassung des C h r i s t e n t h u m s , der das Wesen
desselben nur entweder in die Mitthedung von Lehren der
Theologie als Religionsphilosophie, oder in die Gesetzgebung
zu tüchtiger Führung des Lebens, mithin in Moralphilosophie
setze, je nackter und abstracter, desto wahrer, indem aus
dem unermesslichen Schatze christlicher Weisheit nichts weiter
hetvorgehildet werde, als die Ideen: Gottheit, Tugend und
Unsterblichkeit." Diese dem Wesen und der Eigenthümlich-
keit der Offenbarung durchaus entfremdete Ansicht und Beur-
theilung christlicher Lehre und Religionsanstalt erkläre sich
für die vernünftige Erkenntniss des Christenthums. Aber
Worte th uen es nicht, und die R h o d o m o n d a t e n schlaf-
trunkener V e r n u nf t f r e u n d e (S. 36-) haben bis jetzt die
Vernünftigkeit dieser Ansicht in ein sehr zweifelhaftes Licht
gestellt. ^Kurz! das Wesen des Rationalismus liege in der
Verleugnung aller historischen Eigenthümlichkeit des Ghsi-
stenthnms (S. 38.). Bis jetzt aber sey (S. 40.) ihm nur das
Meisterwerk gelungen, aus dem Christenthum eine morali-
sche Fratze Zu bilden, welche eben so widerstehend in ihrent
Principien , als jämmerlich in ihrer Anwendung sey."
Welche Vorstellungen von einem vor kurzem öfsentlich
zu Leipzig zur Sprache gekommenen Gegenstand müssen dort
angehende Studierende bekommen, wenn sie in einer „Ein-
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