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12 Philipp Jacob Spener und seine Zeit, von Hofsbaeh.
und für die Bildung der Theologen findet man da die
trefflichsten Rathschläge, wie sie auch unsere Zeit be-
darf. Er zeichnet das Ideal eines evangelischen Predi-
gers, wie er es sich zur Aufgabe seines ganzen Lehens
gemacht hatte, mit hoher Wahrheit und Begeisterung,
und so wie die ächte Demuth überall das Siegel derselben
ist, bekennt er am Ende: „Ich erschrecke zuweilen bei
Erforschung meiner selbst, wenn ich das, was ich seyn
sollte, vergleiche mit dem, was ich noch bin."
Der Zweite Band zeigt das weiter, während seiner
Wirksamkeit zu Berlin bis zu seinem Lebensende, und
in den nachmaligen Streitigkeiten.
Alit der Verbindung des Praktischen in seiner Theo-
logie hingen genau seine Collegia pietatis und Coli, phi-
lobiblica, seine Versammlungen zu häuslicher Andacht,
und alle jene mitwirkenden Vorschläge zusammen, wel-
che ein neues Leben in die durch den Orthodoxismus
erstorbene Kirche brachten, aber auch die traurigen
Streitigkeiten des sogenannten Pietismus zur Folge hatten.
Diese fallen in den Anfang der 1690ger Jahre, wo sich
sogar blutige Auftritte in Hamburg ereigneten, und ein
dortiger Prediger, Speners Schwager, der edle, fromme
Horbius, gewissermalsen ein Alärtyrer, ja selbst seine
Gattin mit den Kindern aus der Stadt verbannt wurden.
Der Spenersclie Gegner, der dortige Prediger Mayer,
gewöhnlich „der Hamburgische Aufrührer" genannt,
erscheint da ganz in dem Verfolgungsgeiste, welcher
seit den Kaiphassen den evangelischen Geist bis auf den
Tod befeindet. Alan lese nur im Anfang des zweiten
Bandes die fortgesetzte Geschichte der pietistischen Strei-
tigkeiten. Der Parallelismus jener Zeit mit der jetzigen
wird den Leser öfters überraschen; sogar die Somnam-
bülen fehlen nicht. Dafs Spener, der sonst so kluge
Alenschenkenner, sich doch bei aller seiner entschiednen
Verwerfung der unchristlichen Schwärmereien, Aläfsi-
gung des Urtheils über einige jener Hellseherinnen, und
über die Sache selbst empfahl, wurde ihm um so mehr
zum Nachtheil gedeutet, weil sich dieselben gewöhnlich,
 
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