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Fichte, über Gegensatz, Wendepunkt u. Ziel d. Philosophie. 10(J3
ziehen wird. Nur Ein Umstand kann der allgemeinen Anerkennt-
nifs dieser Bürgschaft im Wege stehen: der Wahn, welcher noch
immer von Vielen hartnäckig festgehalten wird, als ob nur auf
Eine mögliche Weise, innerhalb der eng abgesteckten Grenzen
Einer systematischen Vorzeichnung, die Wissenschaft gefördert
werden könne. — Unser Zeitalter ist zu der Einsicht durchge-
drungen , wie in der Geschichte der Philosophie die verschieden-
artigsten Richtungen und Standpunkte gleich nothwendig und
unentbehrlich waren, um von den niederen auf die höheren
Stufen wissenschaftlicher Einsicht emporzuführen. Wie lange wird
es noch dauern, bis man, was inan in Bezug auf die Vergangen-
heit anerkennt, auch in Bezug auf die Gegenwart gelten läfst;
bis man von der erworbenen Einsicht in die Nothwendigkeit sub-
jectiver Beschränkung des Individuums, der Absolutheit der Idee
gegenüber, auch auf sich selbst oder auf den Meister, dem man
unter allen am meisten zu vertrauen Ursache fand, die Anwen-
dung macht, und aulhört, Andere, deren Vorzüge und geistige
Tüchtigkeit man doch oft nicht umhin kann sich einzugestehen,
darum zu verwerfen oder ihren Leistungen wissenschaftliche Be-
deutung abzusprechen, weil sie sich nicht, oder nicht in Allem,
zu unserem Systeme bekennen ?
Handelt es sich freilich um die Beurtbeilung einer bestimmten
philosophischen Leistung : so läfst sich ein gewisser Conflict der
Richtungen und Systeme dabei nicht vermeiden, und soll auch
nicht vermieden werden. Nicht stillschweigend neben einander
hergehen sollen die nach verschiedener Richtung hin divergi-
renden philosophischen Bestrebungen, eine jede sich bescheidend,
dafs es neben ihr auch andere geben müsse, ohne sich um das
Thun und den Charakter dieser anderen zu kümmern. Der Kampf
ist nicht verwerflich; denn er ist nothwendig: aber es ist ein
Unterschied zwischen einem ritterlichen Kampfe, der durch Ach-
tung gegen den Gegner geleitet und gemäfsigt ist, und einem
rohen, gegen alle fremde Individualität sich verblendenden Drein-
schlagen! Wir glauben von dem trefflichen Verf. dieses Werks,
der selbst in einem, in der philosophischen Literatur Deutsch-
lands äufserst seltenen Grade Meister einer im ächtesten und
schönsten Sinne urbanen Polemik ist (— wir kennen seit Leib-
nitz keinen deutschen Philosophen, dem wir in Haltung und
Styl die Eigenschaft der Urbanität in so hohem Grade zu-
schreiben möchten, wie Hrn. Fichte), versichert seyn zu dür-
fen, dafs er es uns nicht mifsdeuten wird, wenn wir einen ehr-
 
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