Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
zur allgemeinen Krankheitslehrc.

1189

nomen ein Hinausrücken des Selbstes aus der Körperwelt in die
Bilderwelt, dieses ein Hinausrücken des Selbstes aus der Bilder-
welt in die Kcrperwelt nennen.
Abgerechnet diese Mängel enthält des Verfs. Theorie einen
neuen Weg der Forschung, welcher namentlich auf Psychologie
angewandt die wichtigsten Folgen haben dürfte. In dieser Theorie
erscheint die Seele nicht mehr als jenes abstracte Wesen, um
dessen Existenz man eben so verlegen seyn mufs, als um seinen
Wohnsitz, nicht mehr als jenes sich selbst anschauende Ich, dessen
Fabelhaftigkeit Herbart in seiner Psychologie so siegreich dar-
gethan hat, ohne aber etwas Genügendes an seine Stelle zu
setzen, sondern es wird ihr ein geräumiger Wohnsitz ange-
wiesen in den vielfachen Scheinleibern, welche bei Tage unseren
Leib als Perceptionen umstrahlen, bei Nacht aber denselben als
Traumbilder umgaukeln. Wenn aber der Umstand, dafs Seele
und Leib nur angesehen werden dürfen als verschiedene Organi-
sationsweisen desselben Materials, die Psychologie durchaus in’s
Gebiet der empirischen Naturforschung verweist, so zieht er auch
die Physiologie in's psychische Leben und in solche Regionen
empor, wo man nicht fortschreiten kann, ohne auch auf das Ueber-
irdische zugleich seinen Blick zu heften.
Was ist folglich die Seele nach diesem System? Sie ist nicht
das Selbst. So wenig der Körper in seiner Erscheinung das Selbst
ist, eben so wenig auch die Seele in ihrer Erscheinung. Die
Seele ist in inwendiger Selbstbeobachtung ein Organismus von
Bildern; sie ist im Yerhältnifs zur Körperwelt eine die leibli-
chen Kräfte beherrschende Kraft; sie nimmt drittens auch An-
theil am Stoff, an jenem Höchstflüchtigen, welcher an Agilität
und Feinheit das Licht übertrifft, und aus welchem ihre Wahr-
nehmungen geformt sind. Die Seele besteht also aus dem Stoffe
der Stoffe, aus der Kraft der Kräfte, aus den Musterbil-
dern der Bilderwelt. Folglich fallen alle Schranken weg,
wodurch wir den Leib als einen von der Seele generisch ver-
schiedenen denken konnten. Beide sind Stoff, beide sind Kraft,
beide sind Bild, beide sind dies Alles, aber auf höchst verschie-
dene Weise. Die Grenzen der Physiologie und Psychologie fliefsen
in einander. Was in der Physiologie das Ende ist, der Procefs
des Bildbildens am Leibe, macht in der Physiologie den Anfang.
Die Physiologie hat es besonders mit Kräften zu thun. Einen
Grad unter ihr liegt die Welt der Stoffe in Physik und Chemie.
Die Psychologie verkehrt im Organismus der Bilder oder Vor-
 
Annotationen