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Motley: Der Abfall der Niederlande.

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ist eine falsche Philosophie, scheinbarer Unparteilichkeit zu Liebe,
Verbrechen zu beschönigen, die von dem Thäter nicht bloss einge-
standen, sondern als ruhmwürdige Handlungen in Anspruch genom-
men werden“.
Das klingt schön, ist aber doch nur eine Einbildung. Ob
Alba’s Handlungen Verbrechen waren oder ganz etwas anderes, ob
er oder Philipp der Schuldige sei, ob das Betragen der „Patrioten“
einen oder keinen Einfluss auf Beide hatte, endlich ob man auf das
16. Jahrhundert und den militärischen Charakter Albas eine oder
keine Rücksicht zu nehmen habe, das sind Fragen, die ein anderes
Urtheil zu Stande bringen werden als Motley sich einbildet, der,
lächerlich genug, Alba mit gemeinen Verbrechern, mit Mördern oder
Räubern auf gleiche Linie stellt. Wir an seiner Stelle würden weit
mehr für den Prinzen von Oranien bangen, denn es ist zu besor-
gen , dass die Skepsis das Urtheil von Jahrhunderten sammt dem
seinigen umstösst, dass sie in s e i n e m Bilde hier oben eine „Carica-
tur“ erkennt, und dem Prinzen eine geschichtliche Stellung anweist,
die von der Motley’schen diametral verschieden ist. Seine enthusias-
tische Partheinahme für Wilhelm von Oranien bürgt dafür, dass er den
Charakter und die Handlungsweise der Gegner des Prinzen eben-
falls partheiisch auffasst, denn indem er diesen zu einem Engel
macht, müssen die Anderen nothwendigerweise zu Teufeln werden.
Darum ist auch bei diesen eine Abänderung des Urtheils in Aus-
sicht gestellt, tritt diese aber ein, so ist die ganze Glaubwürdigkeit
seines Werkes umgestossen. Das ist der wahre Sinn obiger Aeus-
serung.
Von der Beschaffenheit seiner Urtheile über Alba hier ein Bei-
spiel. Alba verurtheilte den Generalprofossen von Brabant wegen
Missbrauches der Amtsgewalt zum Galgen. Diese Thatsache erzählt
Motley wie folgt: „Wie aus Laune oder in einer phantasti-
schen Regung von Rechtssinn verurtheilte der Herzog den
unermüdlichen Diener seines Mordsystems jetzt selbst zum Galgen.
Der Urtheilsspruch, der als er den Tod litt, auf seine Brust gehef-
tet war, besagte, er habe sich schlechter Amtsführung schuldig ge-
macht, indem er manche Personen ohne allen Befehl zum Tode ge-
führt, und vielen Schuldigen bestochener Weise zur Flucht verhol-
ten hat.“ Hieran knüpft er die Bemerkung: „Der Leser kann ur-
theilen, welches von beiden Vergehen die wahre Ursache seiner Hin-
richtung gewesen sein mag“. Allerdings wird der Leser urtheilen,
aber darüber, dass Motley so unverschämt ist, Handlungen der Ge-
rechtigkeit nicht bloss nicht anzuerkennen, sondern sie auch zu ent-
stellen.
Ein Seitenstück hierzu liefert eine andere Erzählung S. 270.
Sie lautet: „Gegen den Schluss des Jahres 1570 trug sich ein Vor-
fall zu, der von dem wilden Muthe, wie ihn bürgerliche Kriege
häufig erzeugen, ein Beispiel gibt. Eines Abends gegen Ende De-
 
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