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Wagner: Lehren der Weisheit und Tugend.

Besten, so weit es ihrem Alter und Erkenntnissvermögen ergreifbar, das ist
eine alte Mahnung und Praxis der weisesten Männer. Schon bei Platon wird
an den Lehrern von Athen gerühmt, dass sie den Kindern, sobald diese lesen
gelernt, die Werke guter Dichter vorlegen und von ihnen auswendig lernen
lassen, um in ihnen durch Befreundung mit edlen Vorbildern den Trieb zu
schönen grossen Thaten zu wecken und zu nähren.“ Was die alte Zeit schon
löblich und erspriesslich fand, wird es noch mehr in unsern Tagen sein müs-
sen, wo so viele nachtheilige Einflüsse auf die Jugend sich geltend machen,
die es doppelt zur Pflicht machen, durch solche Mittel entgegenzulreten, die
einen Eindruck auf jugendliche Gemülher nicht verfehlen können. Und dazu
soll dies Buch dienen; es soll aber diesen Zweck erreichen durch eine Aus-
wahl des edelsten und herrlichsten, was unsere Literatur, und sie ist wahr-
haftig nicht so arm, um auch neben der althellenischen für ebenbürtig zu
gelten — aufzuweisen hat. Eben darum kommt es vor Allem auf die rich-
tige Auswahl, sowie auf die zweckmässige Anordnung des ausgewählten
Stoffes an; „für Kopf und Herz soll gleichmässig gesorgt, dem jugendlichen
Wesen gemäss aber mehr durch Beispiele als Lehren gewirkt werden“ (S.IV),
In beider Hinsicht aber hat man alle Ursache, mit der getroffenen Wahl zu-
frieden zu sein und sie den Zwecken des Buches für angemessen zu erachten;
der Herausgeber hat es mit Recht als die erste und vornehmste Aufgabe des
Ganzen erachtet, „den göttlichen Funken immer mehr anzufachen, die Freude
am sittlich Schönen zu mehren, die angebornen Triebe der Freundschaft, der
kindlichen Liebe, der treuen Pflichterfüllung zu stärken und Auge und Herz
offen zu halten für die Grösse und Schönheit der Natur“ (S. IV). Dass in
der Sammlung, wie sie aus dem reichen Schatze unserer Literatur sorgsam
ansgewählt vorliegt, die poetischen Stücke vorwiegen und nur einzelweise
auch prosaische Stücke mit unterlaufen, liegt in der Natur der Sache, wie in
dem Zweck und der Bestimmung des Ganzen. In drei Abtheilungen zerfällt
die Sammlung, die in einzelnen Gruppen Zusammenstellungen liefert, die sich
über Alles, was dem Menschen frommt und dient, über alle Seiten des mensch-
lichen Charakters verbreitet, und die Lehren der Tugend und eines ihr ange-
messenen Verhaltens dem jugendlichen Gemüthe in dem Gewände der Poesie
predigt; die dritte Abtheilung hat Gott und die Natur zum Gegenstände.
Möge auch in dieser neuen Auflage diese Jugendschrift auf’s neue ihren Nutzen
bewähren nnd darum die Verbreitung finden, welche im wahren Interesse
der Jugendbildung ihr zu wünschen ist.
 
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