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Br. 27. HEIDELBERGER 1865.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

J. F. A. van Calker: Quaestiones nonnullae etc.

(Schluss.)
So entsteht die Frage, was und wie beschaffen die Seelenverrich-
tungen seien, ohne welche die sinnliche Wahrnehmung unmöglich ist.
Dann folgt die zweite Frage, ob die sinnliche Wahrnehmung wahr
sei. Hier musste der idealistische Irrthum widerlegt werden,
dass die äusseren, mittelst der Sinne wahrgenommenen Gegenstände
nicht existiren; dann der empirische Irrthum, welcher daran
zweifelt, dass durch die sinnliche Wahrnehmung die qualitative
Wahrheit erkannt werde und erkannt werden könne, wobei man
sich auf die Sinnestäuschungen beruft, wie bei den Gelbsüchtigen,
die Alles gelb sehen, während dieses doch nicht objectiv oder an
sich selbst der Fall isk Mit Scharfsinn wird gezeigt, dass die
Qualität in der sinnlichen Wahrnehmung von der Quantität
zu unterscheiden ist, und dass die Wahrnehmung der Qualität als
solcher nicht die Erkenntniss der Quantität ist (S. 15). Mit Hecht
folgt aus allen diesen angegebenen Andeutungen der enge und
innige Zusammenhang zwischen Philosophie und der neueren
Naturwissenschaft und Mathematik (S. 16).
So entsteht, um die hier in Anregung gebrachten Fragen richtig
zu beurtheilen und zu lösen, die Berechtigung und zugleich die
Wichtigkeit jener besondern, von diesem Zusammenhänge ausgehen-
den Wissenschaft, welche wir Philosophie der Natur oder
Naturphilosophie nennen, weder im phantastischen Sinne
Schellings, noch im formalistischen Hegels, sondern im eigent-
lich philosophischen und wahrhaft naturwissenschaftlichen Sinne.
Treffende Worte aus Alexander von Humboldts Kosmos wei-
sen auf die Stellung und den Werth der Naturphilosophie gegen-
über der Philosophie einerseits und den Naturwissenschaften und
der Mathematik andererseits hin. Es wird mit Berufung auf den
berühmtesten Naturforscher unserer Zeit auf die Scheingründe auf-
merksam gemacht, welche man so häufig gegen das Studium der Phi-
losophie vorbringen hört. So werden als Scheingründe, die man häufig
aus dem Munde oberflächlich oder halb gebildeter Männer vom
Fache vernimmt, angeführt das argumentum ignaviae (der
Grund der Faulheit): »Man habe heutzutage zu den philosophischen
Studien keine Zeit mehr«; »es sei schwer, die richtige philosophische
Methode zu finden; die philosophischen Wissenschaften seien zu
abstract, sie böten zu wenig Reiz« u. s. w., das argumentum
LVIII. Jahrg. 6. Heft. 27
 
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