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Nr. 41. HEIDELBERGER 1865.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Die Grenzen und der Ursprung der menschlichen Erhenntnise im
Gegensätze zu Kant und Hegel. Naturalistisch - teleologische
Durchführung des mechanischen Princips von Dr. Heinrich
Czolbe, Arzt in Königsberg. Jena und Leipzig. Hermann
Costenoble. 1865. VIII und 282 S. gr. 8.
Man hat den durch eine Reihe von Schriften bekannten Herrn
Verf. einen Materialisten genannt. Noch im Jahre 1862 zählt ihn
Friedrich van Calker in seinem Programm über den Zu-
sammenhang der Philosophie und der Naturwissenschaften und
Mathematik zu den Materialisten und gewiss mit Recht. Giebt der
Herr Verf. doch in seiner »Entstehung des Selbstbewusstseins«
(1856) folgende Definition vom Menschen: »Der Mensch ist nichts
weiter, als ein aus den verschiedenartigsten Atomen in künstleri-
scher Form mechanisch zusammengefügtes Mosaikbild.« In der
vorliegenden Schrift nun sagt er sich vom Materialismus los.
»Ich bin, heisst es S. VI, von dem Irrthum zurückgekommen, dass
sich aus der Materie Empfindungen und Gefühle ableiten lassen.«
.... »Wenn ich auch mit dem sittlichen Princip des Materialismus,
der Zufriedenheit mit der einen, alles Wahre, Schöne und Gute
umfassenden Welt übereinstimme, so doch nimmermehr mit seinem
ganz unfruchtbaren Erklärungsprincipe: der Ableitung der Orga-
nismen und des Geistes aus der einen Materie. Diess Princip ist
ein Irrthum, der unbedingt aufgegeben werden muss.« S. VII:
»Meine durch und durch mechanische Auffassung der Welt ist keine
materialistische. Es ist im Gegentheile keine gründlichere Wider-
legung des Materialismus denkbar, als die von mir gegebene.«
Sehen wir zu, ob und in wie fern dem Herrn Verf. diese Wider-
legung des Materialismus gelungen ist.
Das ganze Buch zerfällt in fünf Kapitel.
Im ersten Kapitel (S. 1 — 58) wird das »durch die mög-
lichste Vollkommenheit bedingte Glück jedes fühlenden
Wesens« als letzter Zweck der Welt oder als »ideale Grenze
der Erkenntniss« bezeichnet. Zum Grundprincip der Moral und des
Rechtes wird das Streben nach solchem Glücke gemacht und die-
ses wesentlich von dem einseitigen Streben nach sinnlichem Glücke
und von dem einseitigen Egoismus unterschieden. Das Gefühl des
Glückes ist entweder ein sinnliches oder materielles des normalen, ge-
sunden Organismus bei der Befriedigung seiner sinnlichen Bedürf-
nisse oder ein geistiges, das drei verschiedene Gesichtspunkte hat.
Das geistige Glück geht nämlich aus der Befriedigung entweder
LVIIL Jahrg. 9. Heft. 41
 
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