Br. BS. HEIDELBERGER 1805.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Sein und Sollen. Abriss einer philosophischen Einleitung in das
Sitten- und Rechtsgesetz von Arnold Kitz. Frankfurt a. Μ.
Joh. Chr. Hermann’sche Buchhandlung. Moritz Diesterweg.
1864. IV u. 123 S. gr. 8.
Die vorliegende Schrift enthält äusser einem Vorworte
(S. III u. IV) und einer Einleitung über die historische Schule
und ihre »Naturwüchsigkeit« (S. 1—5), 1) den erkenntnisstheore-
tischen Standpunkt (S. 16 — 35), 2) die Thatsache des sittlichen
Bewusstseins (S. 35 — 44), 3) Untersuchung über die Frage: Lässt
sich das Sollen mit Kant aus der reinen Vernunft schöpfen? (S. 44
— 56), 4) Anhang: Schopenhauer über Kant (S. 56 — 65), 5) die
beiden Grundgebiete des menschlichen Denkens und zwar das Sein
und das Sollen (S. 65 — 75), 6) den menschlichen Willen als das
den Zusammenfluss des Seins und Sollens vermittelnde Element
(S. 76 — 85), 7) den göttlichen Willen als den Ausgangspunkt des
Seins und Sollens (S. 85 — 94), 8) den Inhalt des Sollens (S. 94
—107), 9) den Uebergang zum Rechte (S. 107 —123).
Der Herr Verf., welcher »praktischer Jurist« ist und sich in
philosophischen Dingen einen »Dilettanten« und die von ihm be-
handelten Gegenstände »philosophische Allotria« nennt, ist, wie er
sagt, mit seiner Schrift «im Voraus auf ein bedeutendes Schütteln
des Kopfes« gefasst. Er tritt, wie er sich ausdrückt, mit »eigen-
köpfigen principiellen Ansichten« hervor.
Sehen wir zu, wie es sich mit diesen Ansichten verhält. Mit
Recht wird in dieser von philosophischer Sachkenntniss und Ent-
wickelungsgabe ihres Urhebers zeugenden Schrift die Gleichgültig-
keit vieler Juristen hervorgehoben, mit welcher sie philosophische
Begründungen des Rechtes und Staates entweder geringschätzend
betrachten, oder gänzlich als unnütz und unausführbar bei Seite
schieben und damit Alles, was in dieser Beziehung geschieht,
ignoriren.
Nach der historischen Rechtsschule, welche das Recht als »das
naturwüchsige Product des Volkswillens nimmt und anerkennt« und
»mit dem Ergebnisse zugleich auch die Begründung des Rechts
verbindet«, ist für den Juristen die Philosophie ein »indifferentes
Feld.« Manche treffende Bemerkungen über Savigny’s und seiner
Schule Rechtsbegründung finden sich in der Einleitung, welche von
der historischen Rechtsschule handelt und zeigt, dass mit der so
genannten »Naturwüchsigkeit« des Rechtes dieses noch lange nicht
begründet ist. Immerhin wird man, wenn man eich auf die »Natur-
LVIIL Jahrg. 12. Heft. 56
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Sein und Sollen. Abriss einer philosophischen Einleitung in das
Sitten- und Rechtsgesetz von Arnold Kitz. Frankfurt a. Μ.
Joh. Chr. Hermann’sche Buchhandlung. Moritz Diesterweg.
1864. IV u. 123 S. gr. 8.
Die vorliegende Schrift enthält äusser einem Vorworte
(S. III u. IV) und einer Einleitung über die historische Schule
und ihre »Naturwüchsigkeit« (S. 1—5), 1) den erkenntnisstheore-
tischen Standpunkt (S. 16 — 35), 2) die Thatsache des sittlichen
Bewusstseins (S. 35 — 44), 3) Untersuchung über die Frage: Lässt
sich das Sollen mit Kant aus der reinen Vernunft schöpfen? (S. 44
— 56), 4) Anhang: Schopenhauer über Kant (S. 56 — 65), 5) die
beiden Grundgebiete des menschlichen Denkens und zwar das Sein
und das Sollen (S. 65 — 75), 6) den menschlichen Willen als das
den Zusammenfluss des Seins und Sollens vermittelnde Element
(S. 76 — 85), 7) den göttlichen Willen als den Ausgangspunkt des
Seins und Sollens (S. 85 — 94), 8) den Inhalt des Sollens (S. 94
—107), 9) den Uebergang zum Rechte (S. 107 —123).
Der Herr Verf., welcher »praktischer Jurist« ist und sich in
philosophischen Dingen einen »Dilettanten« und die von ihm be-
handelten Gegenstände »philosophische Allotria« nennt, ist, wie er
sagt, mit seiner Schrift «im Voraus auf ein bedeutendes Schütteln
des Kopfes« gefasst. Er tritt, wie er sich ausdrückt, mit »eigen-
köpfigen principiellen Ansichten« hervor.
Sehen wir zu, wie es sich mit diesen Ansichten verhält. Mit
Recht wird in dieser von philosophischer Sachkenntniss und Ent-
wickelungsgabe ihres Urhebers zeugenden Schrift die Gleichgültig-
keit vieler Juristen hervorgehoben, mit welcher sie philosophische
Begründungen des Rechtes und Staates entweder geringschätzend
betrachten, oder gänzlich als unnütz und unausführbar bei Seite
schieben und damit Alles, was in dieser Beziehung geschieht,
ignoriren.
Nach der historischen Rechtsschule, welche das Recht als »das
naturwüchsige Product des Volkswillens nimmt und anerkennt« und
»mit dem Ergebnisse zugleich auch die Begründung des Rechts
verbindet«, ist für den Juristen die Philosophie ein »indifferentes
Feld.« Manche treffende Bemerkungen über Savigny’s und seiner
Schule Rechtsbegründung finden sich in der Einleitung, welche von
der historischen Rechtsschule handelt und zeigt, dass mit der so
genannten »Naturwüchsigkeit« des Rechtes dieses noch lange nicht
begründet ist. Immerhin wird man, wenn man eich auf die »Natur-
LVIIL Jahrg. 12. Heft. 56