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Ir. 32. HEIDELBERGER 1865.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Pindari carmina ad fidem optimorum codicum recensuit integram
scripturae diversitatem subiecit annotationem criticam addidit
Car. Job. Tycho Mommsen Gymn. Moenofrancof. director.
Berolini apud Weidmannes MDCCCLXIV. Ll} 491; 8vo.
Annotationis criticae supplementum ad Pindari Olympias scripsit
Car. Job. Tycho Mommsen etc. 205; 8vo.
Die langerwartete Ausgabe Pindar’s, auf deren Erscheinen wir
durch manche schätzbare Vorarbeiten begierig wurden, ist endlich
in unsern Händen, und man muss gestehen, dass ein doppeltes
nonum prematur ihr sehr zu Gute gekommen: nach und nach hat
sich ein so reicher Apparat angesammelt, dass die Vorstellung, es
sei damit ein Abschluss erreicht, für so sicher gelten kann als es
in solchen Dingen möglich ist; nur ganz überraschende Entdeckun-
gen könnten den Stoff der diplomatischen Kritik auf diesem Ge-
biete noch bereichern; was aber irgendwo in deutschen, italieni-
schen , französischen, spanischen, holländischen, englischen, däni-
schen und russischen Bibliotheken zu finden war, hat Mommsen
entweder selbst eingesehen und benutzt, oder doch von Freunden
untersuchen lassen; dadurch sind die Leser des Dichters in Stand
gesetzt, über den Werth von etwa 80 Handschriften, die Boeckh
nicht benutzt hat, sich ein klares Urtheil zu bilden; aber auch die
uns aus Boeckh’s Notae criticae geläufigen Hülfsmittel sind durch
genauere Vergleichungen als die von den damaligen Collatoren an-
gestellten ergiebiger geworden. Merkwürdig war dabei das Mis-
geschick, das B’s gelehrte Freunde treffen sollte: weder in Paris,
noch in Leiden, noch in Wien, noch in Rom fanden sie die vor-
züglichsten Textesquellen oder erkannten diese als solche, sie blie-
ben am Mittelgut bangen. So vortrefflich nun auch Boeckh’s Be-
handlung der Epinikien ist, hat doch öfter die echte Lesart bei
ihm nicht den Vorzug erhalten, der ihr nach Gebühr zu Theil
werden musste und geworden wäre, hätte sie eine so bedeutende
Majorität gestützt, wie sie jetzt in unseres Herausgebers Varianten-
sammlung oft vorliegt. Die Anzahl der ungefälschten codd. ist
nämlich, wenn man die mitrechnet, welche nur wenige Oden ent-
halten, nicht geringer als sechzig; wenn auch nicht von gleicher
Güte, stimmen sie doch bisweilen alle, oder wenigstens in grosser
Anzahl zusammen. Bei näherer Untersuchung zeigen sich aller-
dings Unterschiede, wie denn die »vetusti codd.« von Mommsen in
5 genera zerfällt werden: 1) Ambrosiano-Vratislaviensis; 2) Vati-
cani proprii; 3) Parisino-Leidensis; 4) Medicei, (das wieder eine
VIII· Jahrg. 7. Heft. 32
 
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