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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Hillig, Hugo: Die Entwicklung des Anstrichs, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0061

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INNEN-DEKORATION

47

WILHELM KEPLER—MÜNCHEN.

7 räger-Ausbildungen.

ganz verzichtet war; dagegen hatten die Schüler ein
einfaches Ornament komponieren und dann auf den
selbstgefertigten Anstrich an Ort und Stelle, entweder
an die Brüstungen der Emporen oder in eingebaute
Kojen, zu malen gelernt. Es war also die Ausbildung
den Schülern zuteil geworden, die sie draußen in
der scharfen Luft der Praxis brauchen, um sich als
Dekorationsmaler ernähren zu können; was die Ham-
burger Gesellenstücke zutage förderten, davon kann
sich kein Malergehülfe sein Brot erarbeiten.

Ebensowichtig aber war, was an dieser Schule
sonst noch gelehrt wurde, die Kammzugtechnik.
Diese Technik, nicht unbedingt neu, stammt zur
Hälfte von der in den fünfziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts von Amerika herübergekommenen
Art, Holzmaserimitation herzustellen, zur anderen
Hälfte von einer ebenfalls in Amerika zuerst, d. h.
vor etwa 20 Jahren geübten Manier plastischen
Flächendekors. In beiden Fällen wird die aufge-
tragene Substanz, entweder holzfarbige Lasur oder
eine geschmeidige, pastos aufgetragene konsistente
Masse mit Kämmen aus Gummi, Leder, Stahl,
Horn oder Holz zerteilt, durchgearbeitet und
die Holzmaser oder die Musterung auf die Weise
hergestellt, daß der andersfarbige Untergrund
unter der Lasur sichtbar wird oder die kon-

sistente Masse in den erzielten plastischen Formen
stehen bleibt.

Hier ist nun das Verfahren für farbige Deko-
ration umgearbeitet. Von der Holzmaserimitation
stammt die Anwendung der Lasur, von dem
plastischen Flächendekor die ornamentale An-
wendung des Verfahrens. Und was die Hauptsache
ist: dieses Verfahren ist wirklich Flachornamentation,
es gestattet der Farbe weiten Spielraum und ist
eine Bezeichnung der Anstrichtechnik, die schier
unerschöpflich erscheint. Es hat etwas an sich von
den Dekorationseffekten in der Töpferei; wie da
mit einfachen, aber liebevoll erdachten Manipu-
lationen die wunderbarsten Effekte in der Glasur
erzielt werden, die alle ihren Wert aber in der
manuellen Ausübung der Technik haben, so ist
auch hier dem Maler, ohne daß er sich in große
künstlerische Unkosten zu stürzen braucht, die
Möglichkeit gegeben, aus seinem Anstrich wirklich
schöne und reizende Wirkungen herauszubringen,
wenn er seine Arbeit mit der Liebe umhegt, die
auch die simpelste Arbeit adelt, die sie zur Kunst,
nicht zu einer Höhenkunst, aber zu einer urwüchsigen
natürlichen, aus der Technik und der Art des Materials
hervorgegangenen Kunst stempelt.

(Der Schluss des Artikels mit Abbildung folgt im nächsten Heft.)
 
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