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Ruge, Clara: Über amerikanisches Wohnen
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0099
INNENDEKORATION
XVIII. SflHRSflllG. Dcirmlfcidt 1907. mäRZ-HOTT.
ÜBER AMERIKANISCHES WOHNEN.
Studie von Clara Rüge.
I. Amerikanische Möbel und Möbelstile.
Amerika ist ein Land der Kontraste. Unkultur
/ \ und höchstes Kulturraffinement begegnen sich
oft in merkwürdigster Weise. Naturleben und über-
künsteltes Geschäftsleben, in dem die Menschen
selbst zu Maschinen werden, kann man in allerlei
Schattierungen im weiten Bereiche der Vereinigten
Staaten finden. Das Plötzliche der Entwicklung,
die nicht in natürlicher Weise im eigenen Lande
emporgereift ist, der Mangel der Tradition sind es,
welche diese eigenartigen Verhältnisse bewirkt
haben. Ein neues von der Kultur unbelecktes Land,
in das Menschen aus den alten Kulturländern ein-
geströmt sind, die Vieles und Verschiedenes mit-
gebracht haben, die den Urzustand gleich auf den
Höhepunkt moderner Zivilisation gehoben haben,
dabei aber nicht Zeit fanden auszugleichen, sondern
klaffende Risse ließen, welche zu überbrücken erst
späteren Generationen vorbehalten blieb!
In die einsamen Prärien sausten die >Pullman-
cars«, vorüber an den Rancheros, wo die >Cowboys«
(Kuhhirten) hausen, vorüber an den kleinen Städten,
die als Zentren des Pelz- und Kuhhandels dienen
und wo der > Desperado« sein Wesen treibt. Über
weite Felder, durch dichte Wälder eilt plötzlich die
elektrische Straßenbahn. Noch fährt sie durch die
Wildnis, aber morgen ist plötzlich eine Zeltstadt an
ihrem Wege entstanden. In der kurzmöglichsten
Spanne Zeit wird dieselbe von elektrischen Lichtern
beleuchtet sein. Es ist begreiflich, daß diese eigen-
artigen Kulturverhältnisse sich auch in den Be-
hausungen der Menschen wiederspiegeln. Von
Außen und von Innen.
Zwei Extreme finden sich in prägnantester
Weise ausgedrückt: Die mühsam der Natur ab-
gezwungene primitive Wohnstätte, das Blockhaus
und die dementsprechend aus unverarbeiteten Baum-
stämmen gefertigte Inneneinrichtung und das in
allen neuesten und ältesten Stilarten eingerichtete
Stadthaus, in welchem vor allem, der Opulenz der
Bewohner entsprechend, die goldverzierten franzö-
sischen Stilarten der »Louis« bevorzugt werden.
Das Blockhaus fand und findet nicht nur seine Ver-
wendung wo es wirklich der Notwendigkeit ent-
spricht, sondern es hat sich als Landhaus weiter
entwickelt und ist zu der dem Amerikaner sym-
pathischsten Form desselben gereift. Denn der vom
Hasten der Großstadt übermüdete Yankee sehnt
1807. III. I.
XVIII. SflHRSflllG. Dcirmlfcidt 1907. mäRZ-HOTT.
ÜBER AMERIKANISCHES WOHNEN.
Studie von Clara Rüge.
I. Amerikanische Möbel und Möbelstile.
Amerika ist ein Land der Kontraste. Unkultur
/ \ und höchstes Kulturraffinement begegnen sich
oft in merkwürdigster Weise. Naturleben und über-
künsteltes Geschäftsleben, in dem die Menschen
selbst zu Maschinen werden, kann man in allerlei
Schattierungen im weiten Bereiche der Vereinigten
Staaten finden. Das Plötzliche der Entwicklung,
die nicht in natürlicher Weise im eigenen Lande
emporgereift ist, der Mangel der Tradition sind es,
welche diese eigenartigen Verhältnisse bewirkt
haben. Ein neues von der Kultur unbelecktes Land,
in das Menschen aus den alten Kulturländern ein-
geströmt sind, die Vieles und Verschiedenes mit-
gebracht haben, die den Urzustand gleich auf den
Höhepunkt moderner Zivilisation gehoben haben,
dabei aber nicht Zeit fanden auszugleichen, sondern
klaffende Risse ließen, welche zu überbrücken erst
späteren Generationen vorbehalten blieb!
In die einsamen Prärien sausten die >Pullman-
cars«, vorüber an den Rancheros, wo die >Cowboys«
(Kuhhirten) hausen, vorüber an den kleinen Städten,
die als Zentren des Pelz- und Kuhhandels dienen
und wo der > Desperado« sein Wesen treibt. Über
weite Felder, durch dichte Wälder eilt plötzlich die
elektrische Straßenbahn. Noch fährt sie durch die
Wildnis, aber morgen ist plötzlich eine Zeltstadt an
ihrem Wege entstanden. In der kurzmöglichsten
Spanne Zeit wird dieselbe von elektrischen Lichtern
beleuchtet sein. Es ist begreiflich, daß diese eigen-
artigen Kulturverhältnisse sich auch in den Be-
hausungen der Menschen wiederspiegeln. Von
Außen und von Innen.
Zwei Extreme finden sich in prägnantester
Weise ausgedrückt: Die mühsam der Natur ab-
gezwungene primitive Wohnstätte, das Blockhaus
und die dementsprechend aus unverarbeiteten Baum-
stämmen gefertigte Inneneinrichtung und das in
allen neuesten und ältesten Stilarten eingerichtete
Stadthaus, in welchem vor allem, der Opulenz der
Bewohner entsprechend, die goldverzierten franzö-
sischen Stilarten der »Louis« bevorzugt werden.
Das Blockhaus fand und findet nicht nur seine Ver-
wendung wo es wirklich der Notwendigkeit ent-
spricht, sondern es hat sich als Landhaus weiter
entwickelt und ist zu der dem Amerikaner sym-
pathischsten Form desselben gereift. Denn der vom
Hasten der Großstadt übermüdete Yankee sehnt
1807. III. I.