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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Schulze, Paul: Crefelder Möbel-Stoffe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0122

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INN EN-DEKORATION

CREFELDER MÖBELSTOFF-WEBEREI, G. M. B. H., ENTWÜRFE AUS DEM ATELIER DER FIRMA.

CREFELDER MÖBEL-STOFFE.

Im Juliheft des XVII. Jahrganges dieser Zeitschrift hatten
wir eine Reihe Möbelstoffmuster abgebildet, die den
Sammlungen des Vereins zur Förderung der Textil-Industrie
in Crefeld entnommen waren. Wir lassen heute eine weitere
Reihe folgen und zwar sind es solche, die auf der, in der
Königlichen Gewebesammlung zu Crefeld im November und
Dezember v. J. stattgehabten Ausstellung künstlerisch ge-
musterter Möbelstoffe, Hand- und Maschinenstickereien zur
Vorführung gebracht worden waren und den beiden, in ge-
nannter Stadt bestehenden Möbelstoffwebereien ihre Ent-
stehung verdanken.

Wir hatten schon in dem vorigen Artikel auf das
zielbewußte Kunstleben in Crefeld hingewiesen, auf das Be-
streben, neben der Seidenindustrie, die sehr von der Laune
der Mode abhängig ist und häufig ernste Krisen durch-
zumachen hat, auch andere Webindustrien in die Seidenstadt
zu verpflanzen, die einen stetigeren Charakter aufweisen.
Bekannt ist die Crefelder Teppichweberei A.-Q. mit ihren
schönen und künstlerischen Erzeugnissen, der sich als
jüngere Schwestern die Möbelstoffweberei von Gustav Kott-
mann und die Crefelder Möbelstoffweberei m. b. H. in den
lernten Jahren zugesellt haben. In welcher Richtung sie
arbeiten, geht aus den beigefügten Abbildungen hervor.
Während die Crefelder Möbelstoffweberet ihre Muster nach
künstlerischen Grundsäßen im eigenen Atelier anfertigen
lägt, zieht Gustav Kottmann namhafte Künstler Deutschlands
und auch des Auslandes für seine Muster-Entwürfe heran,
auf diese Weise eine ungeheure Vielseitigkeit derselben
erlangend.

Der Formenkreis, der von den beiden Crefelder Möbel-
stoff-Fabriken gepflegt wird, bewegt sich zumeist noch in
wesenlosem Linienspiel. Das pflanzliche Ornament wird
verhältnismäßig wenig verwendet. Wo pflanzliche Formen
auftreten, sind sie in durchaus neuzeitlicher Weise behandelt.
Auch die Größe der einzelnen Muster ist noch nicht be-
deutend gegen die früher gezeigten gewachsen. Das Stoff-
muster soll sich eben unterordnen und nicht für sich allein
sprechen; es soll den Grund angenehm beleben, sich aber

nicht so zur Hauptsache machen, daß man über dem Muster
die Möbelform oder gar über beiden den Benußer der
Möbel, den Menschen vergißt, der im Raum doch schließ-
lich die Hauptsache ist und nicht durch den Wust von
aufdringlichen Schmuckbeigaben zur unbedeutenden Neben-
sache herabgedrückt werden darf.

Wenn es auch aus den abgebildeten Mustern nicht
hervorgeht, so kann doch festgestellt werden, daß sich in
leßter Zeit auch wieder ein Hinneigen zu Stilformen zeigt,
d. h. zu Mustern, die im Geschmack vergangener Zeiten
gehalten sind. Bekannt ist die noch kürzlich stark gepflegte
Vorliebe für den Stil des ersten französischen Kaiserreichs,
der in leßter Zeit immer mehr auf den sogenannten Bieder-
meierstil überging. Man greift jedoch auch in allerleßter
Zeit weit zurück und zieht die Formen romanischer, ja selbst
byzantinischer Kunst wieder heran. Doch ist diese Er-
scheinung nicht weiter verwunderlich oder für die Weiter-
entwicklung der modernen Bewegung gefährlich. Wie ganze
Länder, z. B. Frankreich und Italien, stetig an den alten
überlieferten Stilen festgehalten haben, so gibt es auch in
Deutschland viele, die sich mit dem modernen Stil nicht
recht befreunden können und das Alte vorziehen. In die
passende Umgebung geseßt, richtig gerahmt, haben die
Muster der verschiedensten Stilarten, ob alt oder neu, ihre
Berechtigung und werden dem kunstverwöhnten Auge ge-
fallen. Daß die Muster der Crefelder Fabriken den An-
forderungen, die der moderne Innendekorateur an die Stoff-
musterung stellt, genügen, ist dadurch bewiesen, daß Kott-
mannsche Erzeugnisse auf der Welt-Ausstellung in St. Louis
in 9 und auf der Deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung in
Dresden in 14 Innenräumen vertreten waren, auf leßtge-
nannter Ausstellung selbst im sächsischen Hause, welches
doch nur sächsische Heimkunst aufweisen sollte.

Kommen zu künstlerisch gezeichneten Mustern geschickt
gewählte Farben und eine dauerhafte Herstellung aus gutem
Material, so haben die Gewebe alle die Eigenschaften, die
man bei einem erstklassigen Möbelstoff erwarten darf.

PROFESSOR PAUL SCHULZE — CREFELD.
 
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