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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Jaumann, Anton: Das Neue "Kaufhaus des Westens" in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0188

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i74

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT EMIL SCHAUDT.

tektur. Doch ist bei alledem die Gesamtwirkung
heiter, vornehm, festlich.'

Das ist der Geist, der auch im Innern des
Hauses waltet, vielleicht der Geist des modernen
Kaufhauses überhaupt. Hier gilt es nicht, um
jeden Preis Geschäfte zu machen und zu verkaufen,
die Aufdringlichkeit des Jahrmarktes ist verpönt:
In einem fürstlichen Haus wirst du zu Gast ge-
laden, bieder und offen und freundlich grüßt dich
das Haus von weitem, mit freimütiger Gastfreund-
schaft wirst du im Innern empfangen, als wärst
du zu einem Hausfest gekommen. Es strahlen die
Lichter, die prächtigen weiten Räume liegen offen
vor dir. Das zieht an deinen Augen vorüber wie
ein Schauspiel, wie eine Ausstellung von Reichtum
und Schönheit — und jedem steht der Zutritt frei.
Man kommt und geht, wie in einem befreundeten
Haus. Es ist ganz erstaunlich, welche Fülle von
gesellschaftlichen Pflichten der moderne Kaufmann
auf sich nimmt: Ein Portier empfängt den Be-
sucher am Eingang, Telefone stehen ihm in Menge
zu freier Verfügung, in weichen Ruhesesseln kann
er sich erholen, sogar besondere Räume sind für

Kaufhaus des Westens. Gesamt-Ansicht.

diesen Zweck geschaffen, da liegen die wichtigsten
Zeitungen und Zeitschriften für ihn bereit, Aus-
kunftstellen gibt es, Karten für Eisenbahnfahrten
kann er haben wie für die Theater und Konzerte
der Stadt. Er findet sogar die neuesten Tele-
gramme angeschlagen. Ein Dutzend Aufzüge hebt
ihn sanft in die oberen Geschosse.

Wie eine gute Hausfrau sorgt die Firma um
ihren Gast, sie will, daß er sich hier heimisch fühle.

Warum ich auf diesen Umstand so nachdrücklich
hinweise? Hat dies mit Kunst irgend etwas gemein?

Ich meine, alle Kunst der Architekten, der
Maler, der Plastiker, der Handwerker, alle Kunst
der Künstler ist bei einem solchen Unternehmen,
bei einem solchen Riesenbetrieb machtlos, wenn
nicht ein künstlerischer Geist das Ganze beseelt.
Die Kunst der Künstler kann hier und dort
schmückend, ordnend eingreifen, aber sie bleibt
fremd, unwirksam, wenn ihre Zutat sich nicht or-
ganisch aus dem Ganzen entwickelt, wenn die
treibenden Kräfte nicht von einem künstlerischen
Willen geleitet und getragen sind.

Die Veredelung des Handels, die Kultivierung
 
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