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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Michel, Willhelm: Etwas über Bilder-Rahmen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0210

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196

INNEN-DEKORATION

Masse und Formen muß stets in einem wohlabgemessenen
Verhältnis zur Lebensfülle und darstellerischen Energie
des Bildes stehen. Und da diese bei graphischen
Arbeiten niemals so groß sind wie bei Gemälden, so
ergibt sich hinsichtlich des Rahmens die Forderung
möglichster Einfachheit.

Bei der hier besprochenen Klasse von Bildwerken
liegt also die Rahmenfrage ziemlich einfach. Sie
dürfen aus der Erörterung ausscheiden. Nur beim
Gemälde spielt der Rahmen eine wirklich lebenswichtige
Rolle. Wo im weiteren Verlauf dieser Erörterungen
vom Bilde die Rede ist, soll immer ein Gemälde
darunter verstanden werden.

Die hauptsächlichsten Bestimmtheiten des Rahmens
sind, wie gesagt, die geometrische Gesamtform, das
Profil und die Farbe.

Am leichtesten wird die Frage nach der Grund-
form erledigt werden können. Die Geschichte des
Rahmens, die Natur unserer zur Aufnahme der Bilder
bestimmten Innenräume, ferner technische und ästhetische
Gründe scheinen das einfache Viereck zu erfordern.
Denn historisch betrachtet, entwickelt sich der Rahmen
bekanntlich aus Architektur-Bestandteilen, in denen der
rechte Winkel ständig wiederkehrt. Ebenso sind unsere

Innenräume samt Türen und Möbel durchgehends vom
rechten Winkel beherrscht. Daher ist es billig, daß sich
auch der Wandschmuck dieser Ordnung einfüge. Technisch
genommen entspricht der viereckige Rahmen der Natur
des Holzes am besten. Um schließlich auch von ästhe-
tischem Standpunkte aus die allgemeine Vorliebe für
den rechteckigen Rahmen verständlich zu machen,
greife ich auf das zurück, was in dem ersten Teile
meiner Ausführungen als psychologischer Grund der
Rahmenwirkung aufgezeigt wurde. Wir haben gesehen,
daß der Rahmen als Hemmung, als Widerstand gegen
die Linien des Bildes wirkt und so, wie aller Wider-
stand, deren Energie stählt. Diese Funktion erfllüt
aber offenbar der gradlinige Rahmen bei weitem am
besten. Die Bildlinien sind in der Regel geschwungen,
daher leistet ihnen die starre, ganz anders geartete
Vertikale bezw. Horizontale den stärksten Widerstand.
Eine runde Rahmenlinie tut dies nur in sehr geringem
Grade. Die Bildlinien werden sie stets in einem
energielosen Winkel treffen und sie zur Nachgiebigkeit
bereit finden. Der runde Rahmen schwächt und ver-
lieblicht das Bild und wird daher mit Recht vorzugs-
weise dann angewandt, wenn besonders liebliche und
zarte, oder gar süßliche Wirkungen beabsichtigt sind.

ARCHITEKT EMIL SCHAUDT.

Liftumbau. Kunstschmiede-Arbeiten von Sleinicken & Lohr—München,
 
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