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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Michel, Willhelm: Etwas über Bilder-Rahmen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0211

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INNEN-DEKORATION

97

Schwieriger liegt die Frage hinsichtlich des Ralimcii-
profds. Mit dem heute auf allen Gebieten herrschenden
Grundsatz der Einfachheit kommt man liier nicht aus.
Im allgemeinen wird, wie das schon oben gesagt
wurde, der Formenreichtum des Profils in geradem
Verhältnis zum Lebensreichtum, zur Vitalität des Gemäldes
stehen müssen. Je gewaltiger das Aufgebot an darstelle-
rischen Mitteln ist, je reicher die Naturanschauung des
Künstlers sich darstellt, desto kräftigere Formen muß
der Rahmen aufwenden, um den im Bilde entfesselten
Mächten ein Paroli zu bieten. Die Zeit der Renaissance
hatte ein gutes Recht zu ihren üppigen, formenreichen
Rahmengefügen, und wenn wir heute in dieser Hinsicht
bescheidener geworden sind, so hat auch das seine
triftigen Gründe.

Nicht gleichgültig ist es, ob das Rahmenprolil
gegen die Bildfläche fällt oder ansteigt. Das nach innen
ansteigende Profil hebt uns das Bild mit einer präsen-
tierenden Bewegung stärker entgegen. Das nach innen
geneigte Profil dagegen lädt den Blick gleichsam ein,
in das Bild hineinzugehen, und erzeugt, besonders bei
Landschaften, einen Zuwachs an räumlicher Tiefe.

Bilder, die in der Lichtbehandlung oder dem

Gegenstande nach ausgesprochen unruhig sind, bedürfen
eines ruhigen Rahmens und umgekehrt.

Auch der Charakter des Rahmen-Ornamentes spielt
eine große Rolle. Leichtsinnige ornamentale Spielereien, .
wie man sie an Rokokorahmen, alten und neuen,
öfters findet, können auch ein gutes Bild entwerten,
indem sie ihm den Ernst rauben.

Jeder Praktiker wird die Zahl dieser Beobachtungen
beträchtlich vermehren können. Hat er doch allein
eine bestimmte Vorstellung von der Art, wie sein Bild
wirken soll; dadurch erhält er seinen Maßstab, der seine
Beobachtung schärft und sein Urteil bestimmter macht.

Bei weitem der wichtigste Punkt der Rahmenfrage
ist die Farbe. Es ist bekannt, daß von altersher beim
Staffeleibilde der Goldrahmen in ausgezeichnetem und
unbestrittenem Ansehen steht. Auch die Gegenwart,
die sonst auf so vielen Gebieten durchgreifende Ver-
änderungen gebracht hat, ließ dieses Ansehen beinahe
völlig unangetastet. Beinahe. Denn der differenziertere
Kolorismus unserer Malerei hat notwendigerweise auch
differenziertere Versuche zur Lösung der Rahmenfrage
im Gefolge gehabt. Beherrscht der Goldrahmen unsere
Ausstellungen auch zum großen Teile, so beherrscht er

ARCHITEKT EMIL SCHAUDT.

Liftumbau. Kunstschmiede-Arbeiten von Steinich n & Lohr—München

AUS DEM KAUFHAUS DES WESTENS, BERLIN.

1907. VI. i.
 
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