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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Bruno Pauls Räume auf der "Grossen Berliner Kunst-Ausstellung"
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0246

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232

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT EMIL POHLE-ROSTOCK.

Entwurf für ein Zimmer einer jungen Dame.

wieder einmal pikant. Die Sensation zieht die Berliner
in Scharen in diese Räume, aber die Kunst, die sie
hier zu sehen bekommen, ist aller Sensation durchaus
abhold, es ist eine feine, reife, diskrete Kunst, die ge-
wiß nicht auf einen Zeichner des Simplizissimus
schließen ließe. Das Neue, Eigenartige, Persönliche an
ihr ist die strenge Zurückhaltung des Künstlers, die
Ausschaltung alles Prononciert-Persönlichen: Eine etwas
schwere Lektion für das hiesige Publikum, das durch
die übermäßige Reklame, wie sie die Großstadt auf
allen Gebieten erzeugt, seit langem verwöhnt ist.

Von Bruno Paul wurden insgesamt zehn Räume
eingerichtet. Von ihnen wird der erste ganz besonderem
Interesse begegnen, ein Rauchsalon für einen Dampfer
des Norddeutschen Lloyd. Die ungewohnte Raum-
bildung überrascht zuerst, aber man überzeugt sich,
daß sie mit Notwendigkeit aus dem Zweck hervorge-
gangen ist und daß trotz der größten Rücksichtnahme
auf die praktischen Anforderungen doch eine wohl-
tuende künstlerische Stimmung erzielt wurde, ohne auf-
fällige Zutaten, rein durch die Wirkung der edlen
Verhältnisse und die verhaltene Schönheit der Linien.
Das Vestibül erreicht seine imposante Wirkung ebenfalls
durch sehr einfache Mittel, die glatte Wand zeigt die
reiche farbige Adelung des Marmors fast ohne Unter-
brechung, einige zwanzig Glühbirnen hängen, vonGlasperl-
schnüren begleitet, von der Decke: ein kühler, aber vor-
nehmer, feierlicher Akkord. Man tritt nun in einen ovalen
Empfangsraum, der die feierliche Stimmung in einer andern
Tonart zum Ausdruck bringt. Ein großer Flügel, zwei
Sofas, mehrere Zierschränke und Stühle, in poliertem

Palisander ausgeführt, stehen in wohlabgewogener sym-
metrischer Verteilung, die Wand ist mit blauem Seiden-
stoff bespannt, gegen den sich schlanke Spiegel in gol-
denen Leisten leuchtend abheben. Ein Herrenzimmer
in grauer Eiche bringt nun schwerere Formen; ein
wuchtiger Schreibtisch steht hier, ein Doppelsofa mit
eingebautem Schränkchen, wie sie Paul anderwärts schon
öfter angewendet hat. Originell ist die kleine Bücherei
aus gebeiztem und poliertem Birkenholz; an den Wänden
befinden sich eingelassene Bücherschränke, in der Mitte
steht ein breiter Lesetisch, beleuchtet von einem ovalen
Oberlicht. Das Speisezimmer in Zitronenholz kennen
die Besucher der vorjährigen Dresdner Ausstellung bereits.
Ihm folgt ein gemütliches Wohnzimmer in Natur-Maha-
goni, daran schließt sich ein in dunkel gebeizter Eiche
ausgeführtes Eßzimmer von ganz hervorragender Wirkung;
in ihm fällt besonders das mächtige Büfett von klassischer
Formenharmonie auf. Den Schluß endlich bildet ein
Schlafzimmer in Kirschbaum, ganz einfach gehalten;
doch hat auch dieser Raum trotz alledem viel Stimmung,
wozu namentlich der originelle Lichteinfall über dem
Waschtisch beiträgt.

Einen vollständigen Überblick über die einzelnen
Räume und viele bemerkenswerte Details wird das Mitte
Juli erscheinende August-Heft der »Deutschen Kunst und
Dekoration« (Verlagsanstalt Alexander Koch) bringen,
das allein ungefähr 24 treffliche Abbildungen dieser Aus-
stellung enthält. Dr. Fritz Wolff—Charlottenburg wird in
einem Begleittext das Werk Bruno Pauls einer eingehen-
den kritischen Würdigung unterziehen. — Wir möchten
auf dieses Heft empfehlend verweisen.

DIE REDAKTION.
 
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