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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Schölermann, Wilhelm: Gedanken und Vorschläge zur Innen-Einrichtung moderner Kriegs- und Handels-Schiffe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0274

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26o 1NNEN-DEKORATION

erich kleinhempel—dresden. Küchen-Möbel. Ausführung: Vereinigte Eschebach'sehe Werke—Dresden.

Kriegsschiffe, sei es im Passagierdampier, prinzipiell
überall die gleiche, im Einzelfall wird sie dem Künstler
und Handwerker jedesmal eine neue Aufgabe stellen.
Im Prinzip, in der Theorie lautet Paragraph 1 (oder
sollte er lauten): Die Formen, Farben, Linien, Flächen,
Ecken, Winkel und Verzierungen im Innern des Schiffes
müssen mit den Gedanken seiner Form-Konstruktion in
Übereinstimmung bleiben. Das Wesen des Materials
und seiner Elementargesetze (Stahl, Eisen, Messing,
Elektrizität und Holzverkleidung) hat die Einbauten (das
»Wohnliche« im Schiffe) ebenso zu beeinflussen und zu
bestimmen, wie bei der Schiffs-Außenseite die Schiffs-
wände, Panzerplatten, scharfe Bugform, Rammsporn,
Heckform, Panzertürme, Marsen, Kommandobrücken und
alle Apparate zur Funkentelegraphie für die Konstruktions-
Technik entscheidend sind. Vielfache Abweichungen
und verbesserte Lösungen und Gruppierungen lassen
diese Vorbedingungen zu. Aber durch das Ganze
geht ein großes Gesetz, eine Richtlinie. Von
dieser gegebenen Grundlinie abzuweichen, dieses Ele-
mentargesetz zu übertreten, ist ohne Schaden, ohne
Verlust und Strafe nicht möglich.
Sinn- ist Zweckverletzung!
Schlachtschiff, die »Dreadnought«
mit lifts, mit Fahrstühlen von
nach oben, und wieder hinunter in die einzelnen wasser-
dichten Gompartiments. Das ist modern. Als Kriegs-
schiff taugt der schwere Kasten freilich nicht viel —
doch das gehört nicht ins Kapitel der »Innen-
Dekoration«.)

Worauf es für den deutschen Innenarchitekten und
»Einbautechniker« in erster Linie ankommt, ist dies:
daß der Künstler vom Ingenieur und Techniker
lerne, die Logik der Konstruktion mit dem

Stilverletzung ist
(In dem englischen
fährt man jetzt schon

den unteren Räumen

Schwung der Form und dem Reiz der Bewegung
(die Illusion suggestiver Linien) zu verbinden. —
Was ist denn »Stil«? Im modernen Sinne wird Stil
aus einem Erkennen des Wesens herauswachsen, das
seine Klarheit neuen, oder doch neuentdeckten und an-
wendbaren Naturgesetzen verdankt. Gesetzen von
elementarer Art, von dynamischen, statischen,
räumlichen und rhythmischen Werten. Noch ist
dieses Streben zum neuen Stil nicht einheitlich gerichtet,
aber die große, reine Linie wird doch erkennbar. Ge-
spannt und hoffnungsfroh harren wir der Lösung, welche
ästhetisch und ethisch zugleich sein muß. Manche
harte Nuß wird in den nächsten Jahren geknackt werden,
deren gesunder Kern im Kunsthandwerk zu Tage kommen
muß, zur See wie zu Lande! Beim Innenbau und Ein-
bau in Schiffen liegt die künftige Lösung in zweck-
deutlicher Formgebung; in gewissem Sinne ist das also
ein stil-instinktiver Formzwang, der hier vorliegt,
ein Sich-Fügen-Müssen in das Gegebene.

Stil-Instinkt: Das ist es. Den brauchen wir!
Ich bitte um Aufträge! w. sch.

I

ch glaube, es ist nicht zuviel gesagt, dafc niemand, was
für originelle Ideen er auch haben mag, sich heute hin-
sehen und die Verzierung eines Zeuges oder die Form
eines gewöhnlichen Gefäges oder eines Möbels zeichnen
kann, die etwas anderes als eine Entwicklung oder Ent-
artung von Formen wären, die schon hunderte von Jahren
benutzt werden; und die noch dazu sehr oft Formen sind,
die einst eine ernste Bedeutung hatten, obwohl sie jetjt
fast nur eine Fertigkeit der Hand sind.

Formen, die vielleicht einst die geheimnisvollen
Symbole einer Gottesverehrung und eines Glaubens waren,
deren man sich jetyt kaum erinnert, oder die man ganz
vergessen hat. — William Morris.
 
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