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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Baum, Julius: Das Haus Poppert in Giessen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0343

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INNENDEKORATION

MERHEIM-

MEINSTOLZ

xviii. MHRsanG,

Darmftcidf 1907.

DAS HAUS POPPERT IN GIESSEN.

VON DR. JULIUS BAUM.

Bisher hat die moderne Landhausbauweise außer-
halb der Städte, in denen sie von ansässigen
Künstlern gepflegt wird, nur recht geringe Ver-
breitung gefunden. Ist schon an jenen Orten selbst
der Widerstand der breiteren Schichten der Be-
völkerung gegen das Neue nicht gering, wie viel
stärker macht er sich an kleineren Plätzen geltend,
deren Einwohner weit schwerer Gelegenheit haben,
mit dem Streben unserer Künstler bekannt zu
werden; die Provinz, die Kleinstadt mit ihrer Eng-
herzigkeit und ihrem lediglich auf Beschränktheit
beruhenden Dünkel sind die ärgsten Feinde alles
guten Neuen.

So sucht man denn auf dem Lande noch bei-
nahe vergebens nach Spuren der modernen Kunst.
Ihre plumpe Nachahmung freilich, die »Sezessions-
kunst«, Fabrikware minderwertigster Art, schlechter
und wertloser noch als jegliche Stilnachahmung des
19. Jahrhunderts, hat Eingang in die hintersten
Winkel des Deutschen Reiches gefunden und es
damit der wirklich gediegenen Arbeit um so
schwieriger gemacht, in einem derart oberflächlich
gepflügten und mit Unkraut besäten, unter den
Furchen aber steinharten Boden Wurzel zu fassen.

Wo dennoch der wirklichen Kunst zum Siege ver-
holten ward, bedurfte es des Einsatzes einer ganzen
Persönlichkeit. Doch solche Fälle sind bisher nicht
häufig. Es ist bezeichnend und erfreulich zugleich,
daß kleine Universitätsstädte mit dem guten Bei-
spiel vorangehen. Bekannt ist Pankoks Haus Lange
in Tübingen, eine der ersten Schöpfungen der
modernen Wohnungskunst auf dem Lande. Nun
ist Gießen mit dem Hause Poppert gefolgt.

Das Landhaus des Professors Dr. Poppert ist
eine Schöpfung des Gießener Architekten Gustav
Hamann, der mit diesem Bau gezeigt hat, wie man
zugleich bodenwüchsig und modern bauen kann.
Wir gehören nicht zu den unbedingten Verfechtern
der Heimatkunst. Wichtiger, als daß ein Bauwerk
seiner Umgebung sich anpasse, ist, daß es gut und
brauchbar sei. Erfüllt es indes diese Forderungen,
liegt weiter kein Grund vor, der Lokaltradition mit
Absicht aus dem Wege zu gehen. Nun hat die
kleine Lahnstadt freilich kein Herkommen solcher
Art, jedoch das oberhessische Land besitzt etwas
dergleichen. Nämlich die Wandverkleidung mit
Schindeln. Sie hat der Architekt übernommen, und
sie läßt den ganzen Bau bodenständig und mit

11107. XI. 1.
 
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