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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0017

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I. DIE SCHACHTGRÄBER UND DER PLATTENRING.

1. Schliemanns Ausgrabungen und spätere Forschungen.

1876 ist das Epochenjahr der Vorgeschichte auf griechischem Boden. Wohl
waren Heinrich Schliemanns erste große Entdeckungen in Troja vorangegangen,
wohl hatte er im Februar 1874 an verschiedenen Stellen auf der Burg von Mykenai
Versuchsschachte angelegt, darunter zwei „innerhalb 100 Schritte vom Löwentor",
und dabei „eine einer Grabstele ähnliche, unskulptierte Steinplatte" gefunden
(Mykenae S. 68). Aber erst am 7. August 1876 geht er in größerem Umfange ans
Werk, und am 28. November ist dieses Werk vollbracht, fünf Schachtgräber mit
wahrhaft königlichen Schätzen sind ausgeräumt. Durch ein Telegramm an König
Georg schenkt der glückliche Entdecker dem griechischen Staate diese Schätze,
welche der ganzen „mykenischen" Kultur ihren Namen gegeben haben. Selbst in
Schliemanns erfolgreicher Laufbahn bilden die Schachtgräber von Mykenai einen
Höhepunkt.

1873 hatten Benndorf, Conze und Niemann die erste wirklich wissenschaft-
liche Ausgrabung auf Samothrake unternommen, 1876 begann die große deutsche
Erforschung von Olympia: die Archäologie verdiente sich im Terrain ihre ersten
Sporen als streng wissenschaftliche Disziplin. Davon bleibt Schliemann ziemlich
unberührt. Freilich hat er in Troja Lehrgeld bezahlt und geht in Mykenai sorg-
samer vor; aber allzuviel vom Schatzgräber steckt noch in ihm. Daß er eine solche
Ausgrabung mit einem übergroßen Heer von Arbeitern und ohne wissenschaftlich
geschulte Hilfskräfte unternahm, wird man ihm nach dem damals und leider noch
viel später verbreiteten Brauche nicht verübeln dürfen, so schmerzlich auch der
Gedanke sein mag, wie unendlich aufschlußreicher die Schachtgräber sein könn-
ten, wenn sie mit den verfeinerten Methoden moderner Archäologie erforscht
worden wären. Immerhin hat das Glück Schliemann auch in der Art seines Vor-
gehens begünstigt: schon nach wenigen Tagen kamen die ersten aufrechtstehenden
Grabstelen zum Vorschein, bald darauf das erste Stück des die Grüfte einhegen-
den Plattenrings und seiner Stützmauer. Folgerichtig wurde nun das ganze Gebiet
freigelegt. Damit war der Weg für die weitere Arbeit vorgezeichnet.

Daß die aufrechtstehenden und umgefallenen Grabstelen entfernt werden
mußten, um sie zu bergen und unter ihnen in die Tiefe dringen zu können, liegt
auf der Hand. Die Angaben Schliemanns erlauben wenigstens die ursprüng-
lichen Standorte und -höhen der wichtigsten Platten annähernd festzustellen (unten

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Karo, Scbflchtgrüber
 
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