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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0022

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I. Die Schachtgräber und der Plattenring

Eine neue, modernen Ansprüchen genügende Veröffentlichung sämtlicher
Fundstücke bildete die selbstverständliche Voraussetzung solcher Arbeit. Ich hatte
sie schon seit ein paar Jahren eingeleitet, als der Krieg ausbrach, und von 1914 bis
1916 mit Hilfe des inzwischen leider verstorbenen Institutsphotographen Rudolf
Rohr er fast alle Gegenstände photographiert und beschrieben. Dann muhte alles
jahrelang liegen bleiben, und als endlich 1927 eine schon 1916 begonnene vor-
läufige Darstellung erschien (Ath. Mitt. XL 1915, 113 ff.), war sie zum Teil bereits
veraltet. Inzwischen hatte Diedrich Fimmens nachgelassenes Werk, Diekretisch-
mykenische Kultur (2. Aufl., Leipzig 1924) den Versuch einer Zusammenfassung,
Helmuth Bosserts Alt-Kreta (2. Aufl., Berlin 1923) die erste größere Reihe
neuer und guter Photographien gebracht; vor allem aber waren entscheidende
Probleme auf neuen Boden gestellt durch die Untersuchungen von A. J. B. Wace
und seinen Mitarbeitern, besonders W. A. Heurtley, in Mykenai, in Verbindung
mit Kurt Müllers Tirynther Forschungen, den keramischen Studien von Wace
und Carl W.Biegen und dessen Grabungen bei Korakou, Zygouries, dem Heraion
von Argos. Dazu kommen die glänzenden Arbeiten der Schweden in Asine und
Mideia. So ist die Zeit reif für einen Versuch, auf der Grundlage der altberühmten
und doch noch so wenig verwerteten Schachtgräber und ihres Inhalts Wesen und
Eigenart ältermykenischer Kunst und ihr Verhältnis zur minoischen aufzubauen.

2. Umgebung und Gestalt der Gräber (Taf. I—IV).

Der Hauptzugang zur Burg von Mykenai muß schon in frühester Zeit, ebenso
wie heute, über den Sattel nördlich vom sog. Grab der Klytaimestra in die Gegend
des späteren Löwentores geführt haben (Abb. 2)1). Gerade hier, etwa auf einer
Linie, die von der östlichen Innenseite des Torbaus unter der Rampe hindurch
zur Ostmauer des sog. Rampenhauses streicht, wird der rotbraune, an der Luft
dunkelgrau verwitterte Kalkstein, aus dem der ganze übrige Burgfelsen besteht,
von einer Leime aus sehr weichem, bröckeligem Konglomerat unterbrochen. In
seiner rosen- bis braunrot gefärbten Masse stecken graue Kalksteinkiesel meist
geringer Größe. Dieses offenbar aus verwitterten Burgfelsenbrocken und Sand zu-
sammengesinterte Gestein erstreckt sich in sanftem Abfall bis zur großen Ring-
mauer und vielleicht noch über diese hinaus. Eine Nachprüfung ist jetzt durch
die Haufen abgestürzter großer Blöcke außerhalb der Mauer sehr erschwert. Zur
Anlage von Felsgräbern ist der weiche Konglomerat vorzüglich geeignet, der harte
Kalkstein unbrauchbar. So bot dieses Gebiet den Bewohnern der Burg einen natur-
gegebenen Platz für ihren Friedhof.

') Nach BSA. XXV Taf. I. Die Wiedergabc dieser und der folgenden Abbildungen haben die Herren Heurtley.
Maemillan und Wace freundlichst gestattet.
 
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