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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0181

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III. ERGEBNISSE

1. TRACHT UND SCHMUCK DER MÄNNER1)

Die minoische Männertracht läßt sich bis in die Frühzeit der kretischen
Kultur hinauf verfolgen: sie besteht von Anfang bis zu Ende aus demselben ge-
gürteten Lendenschurz, nur mit geringfügigen Abwandlungen2). Dagegen
sind wir über die auf den übrigen ägäischen Inseln und auf dem griechischen Fest-
lande im III. und in der ersten Hälfte des II. Jahrtausends gebräuchliche Kleidung
ganz ungenügend unterrichtet. Die marmornen sog. Inselidole von den Kykladen,
auch die wenig zahlreichen männlichen, erscheinen ganz überwiegend nackt. In-
dessen tragen ein paar von ihnen den bekannten minoischen Schurz in seiner ein-
fachsten Form1). Tsuntas hat in frühhelladischen Gräbern von Syra einmal eine
lange Bronzenadel auf dem Halse, ein andermal auf der Schulter des Toten ge-
funden ('Ecp.ägx. 1899, 101 f. Taf. 10): sie hielten offenbar einen Mantel oder ein
ähnliches Gewand zusammen. Entsprechend verwendet wurden wohl auch die
übrigen aus jenen Gräbern stammenden Nadeln. Prunkvolle goldene Exemplare
derselben oder wenig jüngerer Zeit hat Troja geliefert, während sie Kreta fremd
zu sein scheinen').

Von diesen Funden nun führt der Weg zu den — freilich beträchtlich jünge-
ren — Schachtgräbern. In VI lag eine ziemlich kurze, dicke, in ihrem jetzigen,
stark aufgequollenen Zustande noch plumper wirkende Bronzenadel mit ringför-
miger Öse (Nr. 924, Taf. XCV/VI. L. 11,5). Weit schöner und kostbarer sind drei
schwer massive Gohlnadeln aus Grab IV (Nr. 245—247, Taf. XVIII. L. 10,5; 13,3;
12), von denen wohl auf jeden der hier bestatteten Männer eine kommt; denn die
Haarnadeln der Frauen sind wesentlich länger. Nr. 246, 247 werden von Hirsch-
Rosenstöcken bekrönt, die der Öse von Nr. 924 entsprechend der Länge nach
durchbohrt sind; Nr. 245 trägt einen vortrefflich modellierten, kleinen, stehenden
Steinbock5).

') Im Folgenden steht Evans für Evans, Palace of Minos, ßossert für Bossert, Altkreta, 2. Auflage.
'-') Evans I 83 f., 152 f.; F. Halbherr, Memorie d. R. Ist. Eombardo XXI 1905, 251 Taf. 11; St. Xanthudides,
Vaulted Tombs of Mesarä Taf. 8, 171; 39, 171. Zur kur/rn Hose Kurt Müller, Arch. Jahrb. XXX 1915, 263.
■') W. Müller, Nacktheit und Entblößung 57 f., 175, Taf. 1-3.

4) Dörpfeld, Troja und IHon I 353 Beil. 43 = H. Schmidt, Schliemanns Samml. troj. Altert. 6133 f. (II. Ansied-
lung). Exemplare mit Ösen 'E9. dpy. 1899 Taf. 10; Troja und Ilion 356 Abb. 294f.; aus späterer Zeit Murray, Excav.
in Cyprus Taf. 8 f.

■') Nach den Hörnern ist es eher ein solcher als eine Wildziege, wie er meist genannt wird; beste Abbildung
bei Bossert Abb. 299, in dreifacher Vergrößerung. — Auch im Grabe von Vaphio lagen kostbare Nadeln ( Etp. dp/.
1889, 143 f. Taf. 7, 3. 4.), allerdings nicht in der unberaubten Grube, so daß wir nicht wissen, ob sie einst Männern
oder Frauen gehörten.

23 Karo, Scliachtgräber
 
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