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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0229

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5. Messer und andere Werkzeuge aus Bronze

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wurde, und zwar mit dem Reifen nach oben, den Querbändern am Kniegelenk.
Man darf diese Angabe nicht mißachten; sie führt zu der einzigen m. E. möglichen
Lösung. Wie ich oben sagte, machen die mykenischen Schilde einen Beinschutz,
wenn nicht unerläßlich, so doch sehr wünschenswert: nicht auf dem Marsche, wo
man den Schild auf dem Rücken trug, wohl aber im Kampfe. Und hier waren, wie
35 und 241, XXIV zeigen, auch die Kniee schmerzhaften Stößen der Kanten aus-
gesetzt— freilich nicht minder Schienbeine und Knöchel (605a, CXXIX—CXXXI).
Da nun Gamaschen oder Beinschienen fehlen, wird man annehmen dürfen, daß
unsere Goldbleche mit den oberen Reifen an langen, hosenähnlichen Schurzen be-
festigt waren, wie sie die Krieger auf 605a tragen, während die durch Schnüre
unter den Kniekehlen zusammengehaltenen Bänder einen Knieschutz aus Filz
oder Leder festhielten. Ich verkenne nicht die Schwierigkeit, daß von alledem auf
unseren Darstellungen keine Spur zu sehen ist; aber es mag sich um eine örtlich
und zeitlich begrenzte Sitte handeln, die deshalb auf den ganz minoisch stilisierten
Reliefs des Silbergefäßes 605 nicht in die Erscheinung tritt.

Überschaut man die Bewaffnung der mykenischen Fürsten, so ergibt sich ein
in allem Wesentlichen rein minoisches Bild, in dem vereinzelte fremde Elemente
(,,Dolchstab", Lanze mit Schuh, steinerne Pfeilspitzen, Schlachtmesser, „Gama-
schenhalter") nur eine geringe Rolle spielen. Um so weniger minoisch mutet die
Fülle der Waffen sowie der Darstellungen von Krieg und Jagd an. Darüber
mehr im letzten Kapitel dieses Buches.

5. MESSER UND ANDERE WERKZEUGE AUS BRONZE

Bei den kleineren Schlachtmessern (oben S. 209) ist es nicht ganz leicht, die
Grenze zwischen Waffen und Werkzeugen zu ziehen. Man kann hier an Opfermes-
ser oder Hirschfänger denken, die zu den Waffen gerechnet werden sollten. Auch
wo bloß Bruchstücke von Griffen erhalten sind (460, C Mitte), wird man gelegent-
lich schwanken. Aber mit diesen vereinzelten Ausnahmen lassen sich die beiden
Gruppen klar scheiden. Die Werkzeuge zerfallen in folgende Arten.

a) Einschneidige Messer. Die beiden geläufigsten Typen haben
schmale, gerade oder fast gerade, altmodischen Tafelmessern ähnliche Klingen (a),
oder solche, die, am Griff ziemlich breit, mit einem Knick in die konkav geschweifte
Schneide übergehen, während der Rücken in ganz sanfter, konvexer Schwingung
bis zu der scharfen Spitze verläuft (b), modernen bäurischen Taschenmessern ver-
gleichbar. Beide Typen kommen vereinzelt auch in Frauengräbern vor (a: I 186,
XXXV. — b: III 154, CXLIX). Jedoch sind sie als Beigaben der Männer viel zahl-
reicher. Der verhältnismäßig ärmlich ausgestattete Inhaber von Grab II besitzt
immerhin vier Messer (216. 218. 227, LXXII), je zwei von jedem Typus. Von

29 Karo, Si'hachtgräber
 
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