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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0316

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308

III. Ergebnisse

stücke, nicht für erweisbar. Da keine der Stelen eine Inschrift trug1), könnte es
nicht befremden, wenn die Feinde als Ausländer irgendwie gekennzeichnet worden
wären, außer wenn es sich um Kreter handelte, denen die mykenischen Herren
jener Zeit offenbar ebenso in Tracht, Bewaffnung, Haltung nacheiferten wie deut-
sche Fürsten des Rokoko den Franzosen. Das erklärt zur Genüge die Gleichartig-
keit der Gegner auf Taf. XXIV und CXXIX/XXXI. Auf dem großen Silbergefäß ist
leider kein Kopf erhalten, die anderen Darstellungen sind für physiognomische Ver-
gleiche zu klein. Man wird aber auf solchen Bildern für Gesichter und Körper
gleichermaßen minoische Normaltypen erwarten dürfen. Zur individuellen Prä-
gung der Goldmasken s. unten S. 328 ff.

14. DAS HANDWERK UND SEINE TECHNIK

Unsere Kenntnis des früh- und mittelhelladischen Handwerks
ist vorwiegend auf die Keramik beschränkt. Wir haben allerdings eine klare
Vorstellung von der einfachenBauweise jener Zeit: Fundamente aus wenig oder gar
nicht bearbeiteten Feldsteinen, Oberbau aus Lehm oder Lehmziegeln und Holz.
In dem großen Rundbau von Tiryns kommen auch flache, gebrannte Ziegel vor.
die dann wieder ganz aus dem Gebrauch verschwinden (K. Müller, Tiryns III
85)2). Geglättete Steinbeile, Messer und Sägen aus Feuerstein und Obsidian, Reib-
schalen und Stößel, auch gelegentlich steinerne Gefäße und Idole3) lassen ein
gewisses Maß von Kunstfertigkeit erkennen, noch mehr die z. T. hervorragenden,
bisher freilich ganz vereinzelten Goldarbeiten. Wir unterschätzen vielleicht das
Handwerk dieser Perioden, weil die leidige Sitte, den Toten nichts oder nur sehr
wenig mit ins Grab zu geben, unser Material fast ganz auf Funde aus Wohnstätten
beschränkt. Man bedenke, wie wenig wir vom Frühminoischen ohne die reichen
Grüfte wüßten. Jedenfalls zeigt die frühhelladische Keramik eine recht hohe Stufe,
sowohl in der Technik der Gefäße, die auch ohne Drehscheibe mit erstaunlich si-
cherer Hand geformt sind, wie in Auswahl und Verteilung der wenigen, einfachen,
aber gefälligen und klaren Linearmuster. Darin steht die Argolis hinter keiner
anderen Landschaft zurück.

Die mittelhelladische Keramik bedeutet, abgesehen von der technischen Vor-
trefflichkeit der guten minyschen Ware, in mancher Hinsicht einen Rückschritt.
Die Mattmalerei insbesondere ist keineswegs dem Urfirnis ebenbürtig. So standen
die Töpfer der Argolis im XVI. Jahrhundert dem plötzlich eindringenden Strome
ausländischer Gefäße von den Kykladen, und vor allem aus Kreta, so gut wie

*) Daß die Herren von Mykenai im XVI. Jahrhundert die schon längst entwickelte minoische Schrift überhaupt
verschmähten, spricht auch gewichtig gegen ihre kretische Abkunft.

2) Es ist eine schwer faßbare, aber unbestreitbare Tatsache, daß eine für die Bedachung so entscheidende Er-
findung offenbar ohne jede Wirkung blieb. Das Überwiegen flacher Dächer bietet dafür die einzige Erklärung.

3) Biegen, Zygouries 194 ff.; H. Goldman, Excav. at Eutresis 199 ff.
 
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