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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0324

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316

III. Ergebnisse

stärksten wahrnehmbar, während in der folgenden Periode das Festland sich schon
völlig dem Minoischen unterworfen hat, in der Technik wie in der Auswahl von
Formen, Ornamenten und figürlichen Darstellungen — freilich mit der Ausnahme
der völkisch am tiefsten wurzelnden Kunst, der Architektur.

15. ROHSTOFFE UND HANDELSBEZIEHUNGEN

Für die Peloponnes liegen während des III. und II. Jahrtausends die Ver-
kehrsprobleme weit weniger einfach, als für Kreta. Dieses muß schon seit dem
Beginn der minoischen Kultur eine Flotte besessen haben, die sowohl den Schutz
der großen Insel übernahm als auch die Beziehungen zum Ausland, vor allem zu
Ägypten. Die Küsten Kretas sind einen großen Teil des Jahres hindurch sturm-
gepeitscht und ganz außerordentlich hafenarm. Man konnte sie mühelos gegen
fremde Einfälle verteidigen, wenn man die wenigen einigermaßen geschützten
Buchten in der Hand hatte und über kampfbereite Seeleute verfügte. Diesen bo-
ten auch weitere Fahrten, nach den Inseln des ägäischen Meeres, dem griechischen
und kleinasiatischen Festlande, sogar nach den Kreta gegenüberliegenden nord-
afrikanischen Gebieten und nach Ägypten keine Schwierigkeiten. Seit dem Beginn
des Frühminoischen, vielleicht schon vor 3000 v. Chr., ist Verkehr mit Afrika nach-
weisbar, von etwa der Mitte des III. Jahrtausends ab war er überaus rege und
blieb dies bis weit in die zweite Hälfte des II. Jahrtausends hinein. Als alleinige
Träger dieses Verkehrs haben wir die minoischen Seeleute zu betrachten, in kei-
nem einzigen Falle läßt sich die Anwesenheit fremder Händler auf Kreta belegen
oder auch nur wahrscheinlich machen. Und wenn auch ägyptische Importstücke und
Einflüsse im Minoischen häufig sein mögen1), sie treten doch zurück gegenüber der
Menge des Kretischen in Ägypten, deren Träger außer minoischen Kaufleuten
auch Künstler und Handwerker waren2). Was man auf kretischen Fürstensitzen
an Kostbarkeiten aus dem Süden brauchte, seltene Gesteinsarten und Steingefäße,
Elfenbein, Straußeneier, kleine Kunstwerke aus Stein oder Fayence, das war
leicht einzutauschen gegen vorzügliche einheimische Erzeugnisse: Wein und Öl,
Purpur '), endlich, nach Evans' scharfsinniger Vermutung (II 247 f.), Langholz aus
den Bergwäldern, an denen die Insel damals noch reich war. Ägypten hat wohl
auch die Bedürfnisse Kretas an Metallen und den wenig zahlreichen orientalischen
Kunstwerken4) befriedigt, wenigstens bis zur Mitte des II. Jahrtausends; denn

*) Bequem zusammengestellt von J. Pendlebury, Aegyptiaca 1929 undEgypt and the Aegean in theLate Bronze Age,
Journ. Egypt. Archaeol. XVI 1930, 75 ff.; F. v. Bissing, Der Anteil d. ägypt. Kunst am Kunstleben d. Völker.

2) D. Fimmen, Kretisch-mykenische Kultur2 152ff.

3) Dessen Gewinnung aus den massenhaft vorhandenen Muscheln ist für den Anfang des II. Jahrtausends z. B.
auf dem Kretas südöstlicher Küste vorgelagerten Inselchen Leukae nachgewiesen: BSA. IX 276.

l) Siegelzylinder, Evans I 198 Abb. 146. II 265 Abb. 158; Val. Müller, Arch. Jahrb. XLII 1927, 1 ff. Vgl. auch
die Sphinx von II. Triada, Bossert Abb. 125; Evans III 421 Abb. 286 f. und eine vereinzelte syrische Kanne gleicher
Herkunft. Zur Goldeinfuhr aus Ägypten Ed. Meyer, Gesch. d. Alt. II l2, 1928, 210.
 
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