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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0325

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15. Rohstoffe und Handelsbeziehungen

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auf Kypros scheint Minoisches früher nicht vorzukommen1), und die kupferreiche
Insel wäre doch die gegebene Vermittlerin zwischen Kreta und Vorderasien ge-
wesen, wenn ein Verkehr zwischen beiden bestanden hätte. Die mittelminoischen
oder vielmehr minoisch beeinflußten Fundstücke von Byblos aber (Syria III 1922,
285. 299 ff. Taf. 64) können um so eher über Ägypten nach Syrien gelangt sein,
als mit ihnen ein Obsidiangefäß mit dem Namen Amenemhat III. (1849—1801)
zutage kam. Freilich mögen babylonische und vor allem hethitische Siegelzylinder
den Weg nach Kreta auch sehr wohl aus dem südwestlichen Kleinasien gefunden
haben, um so mehr, da man hier doch wohl eine ältere Heimat des minoischen Vol-
kes zu suchen hat; indessen läßt uns die Bodenforschung auf diesem Gebiet noch
ganz im Stich (vgl. Matz, Frühkretische Siegel 246 ff.).

Die Beziehungen Kretas zu den Kykladen lagen sicherlich ganz in minoischen
Händen. Die Obsidianstadt Phylakopi auf Melos scheint geradezu eine — die ein-
zige nachweisbare — mittelminoische Faktorei oder Kolonie gewesen zu sein. Auf
Syra, Paros, Naxos sind bereits frühminoische Steingefäße gefunden worden, als
Gegenleistung auf Kreta marmorne Inselidole. Aber besonders rege scheint der
Verkehr nicht gewesen zu sein, erst recht nicht, vor dem XVII/VI. Jahrhundert,
der Kretas mit dem griechischen Festlande.

Überhaupt weisen die den Schachtgräbern zeitlich vorausliegenden Fund-
schichten der Peloponnes eher nach Norden und Osten als nach Süden. Abgesehen
von melischem Obsidian ist die Einfuhr von den Kykladen auf Tongefäße,
ein paar vereinzelte Inselidole'), Marmorgefäße und steinerne oder metallene
Schmuckstücke von den Inseln beschränkt. Dagegen setzen hervorragende Gold-
funde aus der inneren Peloponnes bereits für die Wende des III. und II. Jahrtau-
sends einen nicht geringen Wohlstand und Beziehungen zum nordwestlichen Klein-
asien, besonders wohl zu Troja, voraus (oben S. 187 f.). Von dorther mag auch
Gold und Silber schon früh, vor allem aber zur Zeit der Schachtgräber, in die Pelo-
ponnes gelangt sein.

Kaum auf friedlichen Handelswegen; denn was hätte die Argolis oder gar das
ärmliche arkadische Bergland, bieten sollen? Man wird zu der Erklärung gedrängt,
daß sich die mykenischen Fürsten auf Kriegszügen die Schätze geholt haben, die
wir in ihren Grüften finden: Edelmetalle und Kunstwerke aus dem Hethiterreich,
wie den silbernen Hirsch 388, CXV f., oder die Troischem verwandten Schmuck-
sachen 53 ff. 63 ff., XX f. Es ist kaum ein zufälliges Zusammentreffen, daß die
Mauern der belagerten Burg auf dem Silbertrichter 481 (oben S. 174 Abb. 83) auf-
fallend denen von Troja II gleichen; hier hat wohl ein König von Mykenai seine
siegreiche Kriegsfahrt an die anatolische Küste im Bilde verewigen lassen. Und
aus solcher Beute konnten dann wiederum Kostbarkeiten erworben werden, die

*) Ed. Meyer a. a. O. nimmt Kupfereinfuhr aus Kypros an. Nach Evans II 176 ff. hätten kretische Kaufleute
das aus dem Westen bezogene Zinn zuerst nach Ägypten gebracht und diesem somit die Bronzetechnik vermittelt.
') Biegen, Zygouries 194; Steinvasen 195 ff. Taf. XXff.

41 Karo, Schachtgräber
 
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