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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0300

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292

III. Ergebnisse

ferner das vierstrahlige Muster der Goldplättchen 647, LVI und der Fries an Bo-
gen hängender Knospen oder Tropfen auf der Silberkanne 855, CXXXIV, zu dem,
abgesehen von gleichzeitigen Metallgefässen, schon Kamaresscherben aus MM. II
Gegenstücke bieten (Evans I 395 Abb. 437. II 646 Abb. 411); die ganz verküm-
merten „Palmen" auf den Goldbändern 649/50, LVI; die Granatäpfel der Hals-
kette 77, XXII. Endlich reihe ich die wenig zahlreichen freieren Pflanzendarstel-
lungen aus den Schachtgräbern an: die zarten Blüten auf 550, S. 200 Abb. 90; die
Lilienblüten des Dolches 764, XCI/II, deren genaue Gegenstücke auf knossischen
Wandgemälden und Vasen längst bekannt sind (Evans I 537 Taf. VI. 603 f.
Abb. 443 f.); die Palmen der Goldbleche 119/20, XXXIII. 808—11, CXLIII und
die Papyruspflanzen der Dolchklinge 765, XCIII/IV, die wir genau entsprechend
auf Kreta wiederfinden')• In allen diesen Darstellungen zeigt das Festland keiner-
lei Selbständigkeit gegenüber der überragenden minoischen Kunst.

12. DARSTELLUNGEN VON TIEREN

Die Tierdarstellungen2) aus den Schachtgräbern zerfallen in drei Gruppen3):
a) Schmucksachen in Gestalt eines Tieres; sie umfassen Löwen, Leoparden, Hir-
sche, Wildziegen, Hunde, Adler, Schwäne, Tauben(?), Oktopoden, Schmetter-
linge; dazu die Rhyta in Gestalt eines Löwen- und Stierkopfes und einer Triton-
muschel, b) Tiere als Verzierung von Schmucksachen, Waffen, Gefäßen: Löwen,
Pferde, Hunde, Schwalben, Delphine, c) Bilder aus dem Tierleben: hier finden
wir Löwen, Leoparden, Panther, Stiere, Pferde, Hirsche, Antilopen, Enten. An
Fabeltieren kommen in Gruppe a Sphingen und Greifen, in c wahrscheinlich ein
Meerungetüm vor. In a besteht natürlich ein gewaltiger Abstand zwischen den be-
scheidenen, kleinen Goldblechen auf Taf. XXVI f., die einzeln oder als symme-
trisch gegenständige, wappenartige Paare in flachem Relief nur in den Haupt-
zügen wiedergegeben sind, und den großartigen, rundplastischen Tierköpfen der
kostbaren Rhyta (Taf. CXVII ff.). In b und c treten starke Unterschiede nicht nur
in der Qualität, sondern auch in Art und Grad der Stilisierung auf. Man könnte
nach diesen Gesichtspunkten das gesamte Material gliedern. Indessen schien es
übersichtlicher, die einzelnen Tiergattungen kurz zu besprechen. Eine Übersicht
über die Zahl ihrer Darstellungen schicke ich voraus:

*) Rhyton in Form eines Straußeneis, Evans I 595 Abb. 436 c; Vorratsgefäß aus der „Königlichen Villa", ebda.
II 401 Abb. 231; BSA. IX 139 Abb. 88.

2) Eine zusammenfassende Behandlung der minoisch-mykenischen Tierwelt, die Irmgard Anger im MS. abge-
schlossen hat, wird hoffentlich bald erscheinen können.

3) Naturgemäß muß die Verteilung auf die drei Gruppen bisweilen willkürlich ausfallen. So gehören die Schmuck-
sachen in Gestalt von Tieren, vor Allem die flachen Goldbleche, im Grunde auch zu b; und dasselbe gilt von den auf
einer Göttin oder Kultbauten sitzenden Vögeln (26 ff., XXVII. 242 ff., XVIII).
 
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