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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0342

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334

III. Ergebnisse

nahen Heraion geöffneten Grüften des XVI. Jahrhunderts ist keine älter als die
Schachtgräber. Demnach scheint gerade von diesen der große Umschwung auszu-
gehen. Es wäre leicht verständlich, daß eine mächtige Dynastie, mit der Einfach-
heit der heimischen Sitte brechend, zunächst die eigenen Grüfte aufs prächtigste
ausgestattet hätte, wohl in bewußter Heroisierung, wenn nicht gar Vergötterung
der fürstlichen Toten, aus der sich dann von selbst ein sorgsam gepflegter Gräber-
kult ergab. Bei solcher Auffassung gewinnt unsere Nekropole auch für die Eigen-
art mykenischer Religion gegenüber der minoischen erhöhte Bedeutung.

18. DIE BEDEUTUNG DER SCHACHTGRÄBER

„Die Welt, worein die Griechen traten"1), ist uns leider noch allzu wenig be-
kannt. Über zwei ägäische Gebiete, Kreta und Troja'), wissen wir für das III./II.
Jahrtausend v. Chr. einigermaßen Bescheid; jedoch gerade diese liegen abseits von
den Wegen, welche die ersten einwandernden Griechenstämme in ihre neue Hei-
mat führten. Daß sie durch das Balkangebiet südwärts vordrangen, scheint mir ge-
wiß, wenn auch archäologisch noch nicht bündig erweisbar; ebenso, daß die ersten
Wellen dieser Völkerwanderung spätestens um die Wende des III. und II. Jahr-
tausends Mittelgriechenland und die Peloponnes erreichten3). Über die frühhella-
dische Kultur, die damals dort herrschte, sind wir trotz den Ausgrabungen der letz-
ten Jahrzehnte leider noch sehr lückenhaft unterrichtet4). Immerhin ist städtische
Wohnweise in dicht zusammengedrängten, an gepflasterten Gassen angeordneten
Häusern nachgewiesen; gleichzeitig, z. T. an denselben Orten, kommen nebenein-
ander ovale und Apsidenhäuser sowie rechteckige Bauten vor. Letztere zeigen in
überwiegender Zahl den schon im neolithischen Thessalien vorgebildeten Megaron-
typus mit Hauptraum und Vorzimmer oder Vorhalle, dem im mykenischen Palast
und später im griechischen Tempel eine so glänzende Entwicklung beschieden sein
sollte. Indessen ist das bei weitem bedeutendste bisher bekannte frühhelladische
Bauwerk, der Herrensitz auf dem Burghügel von Tiryns, kein Megaron, sondern

1) Die unter diesem Titel erschienene, geistvolle Schrift von Fritz Kern (Anthropos XXIV 1929, 167 — 219.
XXV 1930, 195—207) ist doch zu stark hypothetisch, als daß sie die vorliegende Untersuchung wesentlich fördern
könnte. Ich verdanke den Hinweis auf sie, ebenso wie ganz besonders reiche Anregung für dieses Kapitel, der stets
hilfsbereiten Freundschaft Wilhelm Webers.

2) Erst nach Abschluß des Ms. geht mir durch die Güte des Verfassers Nils Abergs Bronzezeitliche und früheisen-
zeitliche Chronologie III 1932 zu. S. 101 ff. behandeln die Datierung von Troja I—II, S. 113 ff. die der Schachtgräber.
Diese setzt Aberg etwas zu tief an (1550—1450 v. Chr.); sonst freue ich mich, in allem Wesentlichen mit ihm über-
einzustimmen.

3) Vgl. zuletzt U. v. Wilamowitz-Moellendorff, Der Glaube der Hellenen I 50 ff.; Wace-Blegen, Symbolae Os-
loenses IX 1930, 28 ff.

4) Zusammenfassend D. Fimmen, Die kretisch-mykenische Kultur 2 75 ff. 132 ff. Wichtigste neuere Erscheinungen:
C.Biegen, Zygouries 1928, besonders 4ff. 43 ff. 75 ff. 180ff. 209ff.; H. Goldman, Excavations at Eutresis 1931, 9 ff.
76 ff. 192 ff. 227 ff.
 
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