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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0192

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184

III. Ergebnisse

setten, elliptische Gebilde, Lilienblüten, Oktopoden, Stierköpfe mit Doppelbeilen;
sie sollten wohl Goldstickerei auf Gewändern der Lebenden vortäuschen und
mögen meist auf den Stoff geklebt oder vielleicht bloß darauf gelegt gewesen sein.
Die Toten rühren sich ja nicht. Jedesfalls darf man alle diese Stücke nicht zum
Schmuck im engeren Sinn rechnen.

Von dem bleibt noch übergenug. Die großen goldenen Kronen Nr. 1 und 3
(Taf. XI—XIV) lagen nach Schliemanns Zeugnis auf zweien der drei Schädel
(oben S. 37). Es sind auffallende Prunkstücke, die wohl in ähnlicher Weise zu-
gleich den Rang der Damen bezeugten, wie dies beim „Fürsten mit der Feder-
krone" von Knossos der Fall war (oben S. 178 f.). Von solchem kostbarem Kopf-
schmuck hängt wohl Nr. 1 ab, die etwas überladen, fast bäurisch wirkt und tech-
nisch viel weniger gut ist als Nr. 3. Von dieser bei aller Pracht doch geschmack-
vollen Krone lassen sich nach Technik und Stil die Zacken Nr. 5 (Taf. XIV; 7 Ex.)
und die Blattsterne Nr. 25 (Taf. XIV, XIX: 3 Ex.) nicht trennen. Ebenso stellen
sich die Zacken Nr. 7 (Taf. XV; 7 Ex.) und die Blattsterne 86—88 (Taf. XIX) zur
Krone Nr. 1. So erhalten wir, in viel reicherer Ausführung, dieselbe Ausstattung
wie die von GrabI: Diadem (oder Krone), Zackenkrone, Blattsterne; und zwar
die eine Serie wohl bloß fürs Grab gemacht, die andere vortrefflich gearbeitet und
auch nach der Stärke des Goldblechs für den Gebrauch der Lebenden wohl ge-
eignet. Die Abmessungen übertreffen noch die der Goldsachen aus GrabI1), setzen
also wiederum große Frisuren bei den mykenischen Damen voraus. Solche Prunk-
stücke, von denen erst Gillierons Wiederherstellung (Taf. XII) eine lebendige
Vorstellung gibt, waren gewiß, wie mittelalterliche und moderne Kronen, einst
mit Leder oder Stoff gefüttert. Bei den Zackenkronen war dies unerläßlich. Den
künstlerischen Eindruck veranschaulichen für die Frühzeit etwa die Kronen von
Ur und Dashur2), für die Spätzeit der unförmliche Kopfschmuck ägyptisch-grie-
chischer Göttinnen, oder die Frisuren flavischer Damen. Die Gesichter müssen
darunter klein und schmal ausgesehen haben, wohl eine beabsichtigte Wirkung.

Die Verwendung der Blattsterne bleibt unklar. Man möchte sie ihrer Zahl
nach gern mit der dreifachen Durchbohrung des unteren Randes von Nr. 1 (oben
S. 43) in Verbindung bringen; aber bei Nr. 3 fehlt das mittlere Loch, und die drei
Blütenkelche (denn alle waren einst wie auf Taf. XII aufgebogen und durch Fäden
zusammengehalten) könnten an dieser Stelle der Kronen schwer befestigt wer-
den3). Die Blüten, welche auf dem großen Goldring von Mykenai (oben S. 181)
und anderen Denkmälern Göttinnen über der Stirn auf der Mitte des Diadems
tragen, lassen sich kaum vergleichen, da deren stets nur eine erscheint.

*) Nr. 1: L. 62,5. H. einst ca. 27. — 3: L. 65. H. 17,5. — 5: H. ca. 36. Umfang 7 x ca. 10 = 70. — 7: H. ca. 37.
Umfang wie 5.

2) Ur: L. Woolley, Vor 5000 Jahren, Titelbild. Dashur: de Morgan, Fouilles ä Dahchour Taf. 9—11.

s) Daß ich die Ath. Mitt. XL 1915, 135 ff. vertretene Ansicht von der Bestattungsweise nicht mehr teile, ist
oben gesagt. Auch meine alte Annahme, daß Diademe und Zacken zu einer Krone zu verbinden seien, ist nun hin-
fällig.
 
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