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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0196

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188

III. Ergebnisse

minoischer Fürsten mit fremden Prinzessinnen gedacht. Vgl. unten Kap. 16. Die
prachtvollen Ohrgehänge Nr. 61 zeigen im Ornament unzweifelhaften minoischen
Einfluß; aber die Form weicht von den vereinzelt in gleichzeitigen oder späteren
kretischen Gräbern gefundenen, viel bescheideneren Ohrringen ab, nicht minder
von den jungmykenischen, auf Kypros häufigen Typen ).

An Halsketten enthält Grab III einen reichen Vorrat. Von den übrigen
Stücken sticht zunächst eine Gruppe von Halskettengliedern ab, die aus feinen
Drahtspiralen jederseits einer mittleren Röhre bestehen: Nr. 56—59, Taf. XXI.
Trotzdem vier verschiedene Varianten der Form und des Formats vorliegen, kön-
nen alle zwölf Glieder sehr wohl einen einzigen Schmuck bilden, ebenso die Arm-
bänder und das wohl auch zu einer Halskette gehörige Gehänge gleicher Technik
und gleichen Stils (Nr. 63—68, Taf. XXI). Evans hat (Shaft Graves 47 f. Abb. 37),
Hubert Schmidt folgend (Zeitschr. f. Ethnol. XXXVI 1901, 609ff.), die unminoi-
sche Herkunft all dieser Schmucksachen anerkannt und neigt dazu, sie auf Ein-
heiraten fremder Prinzessinnen zurückzuführen. Nötig ist diese ansprechende
Vermutung nicht. Denn ähnlicher Spiralschmuck findet sich in dem unveröffent-
lichten arkadischen Goldschatz, den Theodor Wiegand dem Berliner Museum
überwiesen hat und der eher früh- als mittel-helladisch sein dürfte. Sogar nach
Kreta sind solche Stücke gelegentlich gelangt, wie eine tönerne Nachbildung unter
den Weihgeschenken von Petsofä lehrt (BSA. IX, Taf. 13, 74). Den Ursprung
dieses toreutischen Stils wird man mit Hubert Schmidt nach Siebenbürgen setzen,
dessen Goldbergwerke noch in der Kaiserzeit berühmt waren; für den ägäi-
schen Bereich dürfte aber Troja den Ausgangspunkt bilden. Es vermittelte im
III.—II. Jahrtausend die Einfuhr pontischen Silbers in die Ägäis (Evans, a. a. 0.
48); und Robert Zahn nimmt, wie er mir freundlichst mitteilt, für jene pelopon-
nesischen Schmucksachen geradezu troische Herkunft an.

Ganz anders sehen unsere übrigen Halsketten aus: hier tritt alsbald wieder
der überwiegende minoische Einfluß hervor. Goldperlen sind wenig zahlreich:
fünf runde, mit kleinen Buckeln verzierte, die aufgelötete Goldkörner vortäu-
schen (Nr. 112, Taf. XX); eine linsenförmige (Nr. 126); ein Dutzend in Gestalt von
Granatäpfeln (Nr. 77, Taf. XXII); dazu noch eine kleine, geschweifte Goldröhre
(Nr. 113, Taf. XXIII), die ihr genaues Gegenstück in GrabV findet (Nr. 801,
Taf. CXLVI), und ein elliptisches, quer durchbohrtes Exemplar (Nr. 139, Taf.
XXIII): diese letzteren dienten wohl als Halter oder Sicherung für die Fäden
mehrerer Kettchen. Es müssen sonderbar zusammengewürfelte Schmucksachen
gewesen sein, in denen leuchtendes Goldgelb sich mit Lila, Weiß, Grau, Rot ver-
band. Denn zu den eben erwähnten goldenen gesellen sich in Grab III etwa dreißig

') Sp. Marinatos, AeXtiov 1930 (Vorü Messaräs, MM.); E. J. Forsdyke, BSA. XXVIII 286 Taf. 18 (Mavro
Spilio bei Knossos); Marshall, Brit. Mus. Catalogue, Jewellery Nr. 470 ff. Taf. 4 (Kypros); Murray, Excav. in Cyprus
Taf. 8, 10 ff. Beide Formen leben im nahen Orient und auf Sardinien noch viele Jahrhunderte nach dem Untergang
der minoisch-mykenischen Kultur fort: Marshall, a. a. O. Nr. 1490 ff. Taf. 23; Perrot-Chipiez, Hist. de l'Art III 821 f.
 
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