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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0199

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2. Tracht und Schmuck der Frauen

191

Leiste; sie ist aus einer durchbohrten Röhre wie der von Nr. 77 verkümmert, diese
wieder gewissermaßen aus einer Reihe kleiner Perlen zusammengewachsen (vgl.
oben S. 179). Auf Nr. 48 ist nur mehr ein letzter Nachklang dieser Entwicklung
zu erkennen. Nr. 32 aber ist offenbar von plastisch modellierten kleinen Löwen
abgeleitet, wie sie in einem etwas jüngeren Grabe von Hagia Triada gefunden
wurden (Mon. Lincei XIV 731 ff. Abb. 27, 30; Bossert Abb. 191). Unser Grab IV
liefert ein Gegenstück zu diesen in dem sehr schweren, kleinen goldenen Löwen
Nr. 275 (Taf. XXXII, XL VI), der aber quer durchbohrt ist, demnach als Mittel-
stück oder einziger Anhänger an einer Kette oder Schnur hing. Eine ähnliche, be-
sonders betonte Rolle spielten wohl die beiden kristallenen Anhänger aus Grab V,
Nr. 830/1 (Taf.CXXXVI). Sie stellen, kostbar in Gold gefaßt, eine stilisierte Blüte
und ein Väschen dar1). Das Kreuz Nr. 52 endlich findet in Mykenai und Knossos
Gegenstücke {'Ekp. dex. 1887 Taf. 13, 26; BSA.XXVIII 287 Abb. 39, Taf. XVIII 20).
Inwieweit ihm religiöse Bedeutung beizumessen ist, bleibt zweifelhaft2); gesichert
ist diese für die beiden nackten Göttinnen und die Kultbauten des III. Grabes, so-
wie für die drei entsprechenden des IV. (Nr. 242—244, Taf. XVIII). Letztere wer-
den ihrer Zahl nach den drei in dieser Gruft bestatteten Männern angehören, nicht
den beiden Frauen, wie man nach Analogie von Grab III vermuten würde.

Wie haben wir uns diesen Schmuck, der offenbar fürs Grab gefertigt war, auf
den Leichen angebracht zu denken? Die aufgereihten Kettenglieder mögen an
Fäden oder Drähten um Hals, Oberarme oder Handgelenke geknüpft worden sein,
wie das anschaulich der Steatitbecher von Hagia Triada zeigt (Evans II 791
Abb. 516); die übrigen waren, wie die Fadenlöcher beweisen, aufgenäht, sei es auf
den Gewändern der Toten, sei es auf den sie einhüllenden Tüchern oder Binden.
Über die Anordnung kann man nur ganz allgemeine Vermutungen aufstellen,
etwa die, daß die Bleche in mehreren Reihen und nach einer mehr oder minder
symmetrischen Ordnung verteilt waren. Gewiß nahmen die religiösen Symbole —
Göttin, Kultbau — bevorzugte Stellen auf der Brust der Leichen ein; man denkt
an die kostbaren kleinen Tafeln aus ägyptischen Gräbern3). Da aber von jenen
beiden Symbolen je zwei Exemplare vorhanden sind, so bleibt die Verteilung auf
die drei Toten völlig problematisch. Auch der kleinen Frauen (Nr. 36) sind es
zwei, ich möchte sie für Sterbliche, nicht für Göttinnen halten. In die ganz will-
kürlich wechselnden Zahlen der übrigen Bleche Ordnung zu bringen, will ebenso-
wenig gelingen. Die Auswahl der Tiere und Fabelwesen erscheint rein dekorativ,
ohne tiefere Bedeutung. So bleibt hier noch Allzuvieles unklar.

Dagegen bietet die Verteilung der kostbarsten Kunstwerke dieses Grabes, der
goldenen Insiegel und auch der Gemmen, keine Schwierigkeiten (Nr. 33

') Ähnliche Stücke, mit Fundangabe Thisbe, Evans, JHS. XLV 1925, 2 Abb. l,g, i; Nat. Mus. Nr. 2524 (Kristall).
2802 (Gold). 2826 (Glas), aus Mykenai.

L>) Evans I 514 ff. Anders Nilsson, Minoan mycenaean Religion 364 ff. (unsere Nr. 52, S. 365 Abb. 106).
3) De Morgan, Fouilles ä Dachour II Taf. 15 f. 19 ff.

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