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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0201

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2. Tracht und Schmuck der Frauen

193

Handgelenke voraussetzen, weiß ich nur die Bruchstücke Nr. 92 (Taf. XVII) anzu-
führen, die von der Goldverkleidung eines fürs Grab gefertigten hölzernen Arm-
reifens stammen dürften: eine sehr magere Ausbeute im Vergleich zu dem reichen
Halsschmuck.

An Fingerringen hat Grab III zwei silberne geliefert (Nr. 99, Taf. XXIII),
deren Schilde zu abgefressen sind, als daß sich darauf eine Darstellung erkennen
ließe. Dazu kommen aus Grab IV die beiden Prachtstücke Nr. 240/1 (Taf. XXIV),
die nach ihrer Zahl und dem kleinen Durchmesser offenbar den Frauen dieses
Grabes zuzuweisen sind. Über die Darstellungen — wieder Krieg und Jagd! —
siehe unten Kap. 13. Aber Technik, Form und Stil sind rein minoisch. Evans hat
überaus glücklich die Entstehung solcher Ringe, die oft zum Tragen selbst für
Kinder zu eng sind, aus frühminoischen Petschaften dargestellt (JHS. XLV 1925,
47f.). Eine merkwürdige Verbindung von Schieber und Ring aus der Nekropole
von Mavro Spilio (BSA. XXVIII 287 Abb. 39) schließt die Kette des Beweises. Die
engen Reifen von Nr. 240/1 würden sie daher für sich allein nicht den Frauen
sichern; bedenkt man aber, daß in den Männergräbern II, V, VI die Ringe völlig
fehlen, während sie in III erscheinen, so wird man auch jene goldenen von IV den
beiden darin bestatteten Frauen nicht absprechen.

Von metallenen Gürteln bieten Grab I, III, IV ebensowenig eine Spur wie
II, V, VI. Und doch kommen solche auf Kreta wie bei Männern so zweifellos auch
bisweilen bei Frauen vor, wenn auch dicke Stoffgürtel bei diesen häufiger sein
mochten. Es genügt, auf die Temple Repositories von Knossos hinzuweisen
(Evans I 501 ff.). Ob unsere Frauenfigürchen Nr. 36, Taf. XXVII die Enden ihres
Gürtels in Händen halten oder einen Kranz oder Reifen, läßt sich kaum entschei-
den. Die merkwürdigen, Schmetterlingspuppen ähnlichen, an Ketten hängenden
Gebilde Nr. 78, Taf. XXII könnte man sich als Gürtelschmuck denken; doch
scheint mir Stais1 Deutung als Kinderspielzeug einleuchtender. Man vergleiche die
Miniaturväschen unten S. 232. Die „Puppen" kehren in Gräbern von Mykenai,
Kapakly bei Volo ('e<p. <jjq%. 1906, 230 f. Taf. 14 f.) und auf einem jüngst gefunde-
nen Goldring von Mavro Spilio bei Knossos wieder: BSA. XXVIII 285 Abb. 38;
Evans III 151 Abb. 102; JHS. XLV 1925, 59.

Ich füge hier noch ein paar Goldsachen an, die ich leider nicht zu erklären
weiß: die beiden trapezförmigen Bleche mit einer Lilienkette und zwei fliegenden
Schwalben, deren minoische Abkunft offenkundig ist (Nr. 23, 24, Taf. XXI;
Evans II 777 ff. Abb. 504 ff.), und ein Paar merkwürdiger, langer, dünner Röhren
mit Spiralverzierung (Nr. 308/9, Taf. XVIII und Abb. 20 mit Beschreibung S.84),
zu denen vielleicht auch die quergekerbte Röhre Nr. 822, Taf. CXLIII zu stellen
ist. Hoffentlich belehren uns neue Funde einmal über ihre Verwendung. Über die
Stellung der Schmucksachen aus den Schachtgräbern innerhalb der gesamten kre-
tisch-mykenischen Entwicklung unten Kap. 18.

Zusammenfassend ist noch einmal darauf hinzuweisen, wie auffällig verschie-
 
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