Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0231

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5. Messer und andere Werkzeuge aus Bronze

223

Kreta etwa im XV. Jahrhundert auftritt (BSA. XXVIII 253 Abb. 6), ist mir vom
Festlande nicht bekannt. Das hier seit dem XV. Jahrhundert nachweisbare kantige,
breit geschweifte Messer (z. B. 'Eq>. äg%. 1888 Taf. 9) kommt in den Schachtgräbern
noch nicht vor.

Daß übrigens zur Enthaarung auch Pinzetten benutzt wurden, und zwar
gerade von den Männern, lehren zwei Exemplare aus Grab V und VI: 818,
CXXXVI (Silber) und Taf. XCV f. (Bronze, ohne Nr.). Die Form ist schon im
frühminoischen Kreta und auf den Kykladen belegt (Evans I 99 Abb. 70; ?E<p. dg%.
1899, Taf. 12) und hat sich nicht bloß durch die ganze mykenische Zeit (z. B. BSA.
XXVIII 285 Abb. 38), sondern bis auf unsere Tage erhalten.

c) Meißel oder Stemmeisen. Die gebräuchliche Form mit breiter
Schneide bietet 438, XLVIII (L. 29), zu der es noch zwei wohl erhaltene Gegen-
stücke gibt: 424 (L. 18,5). 773 (L. 31,5). Daneben erscheint vereinzelt ein spitzer,
vierkantiger Typus (437, XCVIII, L. noch 24,3), an dessen oben abgebrochenem
Ende noch 16 Stifte stecken; diese hielten einst einen hölzernen Griff fest, während
die Normalform einfach in einen Schaft eingezapft war. Zu ihr bietet wiederum
Kreta genaue Parallelen; die für uns wichtigsten entstammen dem oben S. 196 er-
wähnten Ovalhaus von Chamaizi und einem Bronzefunde des sogenannten Nord-
westhauses von Knossos: beide setzt Evans (I 194 Abb. 141. II 627 ff. Abb. 392) in
den Anfang des MM. Somit ist die minoische Herkunft auch dieses Werkzeugs er-
wiesen.

d) Uber die merkwürdige Doppelaxt 514, CII ist bereits oben (S. 210)
gesprochen worden. Ich finde kein Gegenstück im minoischen Bereich und möchte
lieber europäische Herkunft für sie annehmen.

e) Ohne kretische Analogien bleibt auch die große dreizinkige Gabel
515, CII (L. 19,5). Sie ist freilich auch auf dem Festlande vereinzelt, aus mykeni-
scher Zeit lassen sich ihr nur ein kyprisches Stück (E. Gjerstad, Studies on Prehi-
storic Cyprus 237) und ein 1927 bei den schwedischen Ausgrabungen von Dendra-
Mideia gefundenes1) mit sechs Zinken vergleichen. Diese schweren, massiv gegosse-
nen Geräte, in deren Tülle ein hölzerner Schaft festgenagelt war, sind die fernen
Vorfahren der fünfzinkigen xgedygm oder nsfma)ßola, die seit dem VI. Jahr-
hundert als Küchen- und Opfergeräte durch zahlreiche Funde, besonders aus etrus-
kischen Gräbern, belegt werden2).

Zu den Messern und anderen ähnlichen Werkzeugen gehören die Schleif-
steine, die bezeichnenderweise nur in Männergräbern erscheinen. 512, CII ist
ein längliches, dunkelgraues Flußgeschiebe, nur leicht geglättet und oben zum Auf-
hängen durchbohrt. Von den drei Exemplaren des V. Grabes (859—861) sind zwei
dem eben erwähnten in der Form ähnlich, das dritte (859) kolbenförmig gerundet,

l) A. Persson, Art and Archaeology XXV 1928, 280; The Royal Tombs at Dendra 97, Taf. 34.
s) Montelius, Civilis, prim. en Italie I Taf. 100. II Taf. 145 u.a.; Heibig, Homer. Epos2 353 ff.

29*
 
Annotationen