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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0266

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258

III. Ergebnisse

auftreten. Gegenüber der Einheitlichkeit im Befunde der älteren Kuppelgräber
(K.Müller, a. a. 0. 317 ff. 324 f.), die deutlich eine schon vollendete organische
Übernahme des kretischen Stils durch die mykenische Keramik erweist, läßt die
unharmonische Vielgestalt der Vasen aus den Schachtgräbern auf frühere Stadien
jenes Prozesses schließen; nur in Grab I ist er bereits vollzogen, und auch hier fällt
197 störend aus der Reihe. Anderseits bestätigt meiner Ueberzeugung nach die
Keramik das aus den übrigen Fundgruppen gewonnene Ergebnis: die gesamte Ent-
wicklung, von den ersten Beisetzungen in Grab VI und V bis zu den drei verhältnis-
mäßig spätesten von I, hat sich innerhalb eines nicht gar langen Zeitraums ab-
gespielt. Ich möchte ihn lieber auf zwei als drei Generationen schätzen; im wesent-
lichen werden unsere Grüfte der Mitte und zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts
angehören. Eine Tabelle mag dies, freilich in bloß schematischer Einteilung1), an-
schaulich machen; die lateinischen Zahlen bezeichnen die Gräber.

Phasen

unbemalt

mattbem. einheimisch

mattbem. Import

Firnismalerei

Älter........

(III 159.160)
V857. VI 949.955

(III 157.158.161.162)
II 222

V 858. VI 946ff.

1197. V 856
VI 956



Mittel.......

IV 590/1.611.
614/5. VI 942

1198. VI 953

II 200
VI 941.943 f. 954

III 156. 1199
II 221. VI 945



Jünger......







1190 ff.



Daß dieses Schema nicht zu dem oben S. 233 aus dem Tafelgeschirr abgeleite-
ten paßt, bestätigt daß die Schachtgräber in eine kurze Zeitspanne fallen.

10. DAS ORNAMENT

Eine klare Erkenntnis der mykenischen Verzierungsweise zur Zeit der Schacht-
gräber läßt sich am besten aus dem Goldschmuck und den Grabstelen gewinnen,
die darin unmittelbar zusammengehören2). Kostbare Waffen und Metallgefäße
reihen sich an, während die tönernen mehr abseits stehen und eine gesonderte Be-
handlung verlangen (unten S. 284 f.). Für das Verhältnis des Ornaments zu seinem
Träger gelten hier folgende Regeln, die wir uns auch bei der Analyse der einzelnen
Muster vor Augen halten müssen:

1. Auf dem Goldschmuck werden geradlinige Umrahmungen der Muster meist

1) So ist Grab I in allen drei Phasen vertreten, obwohl seine Bestattungen ganz oder fast gleichzeitig erfolgt
sein müssen. Ebenso umfaßt Grab II (mit einem Toten!) Phase 1 und 2.

2) Dies ist zugleich ein wichtiges Zeugnis für die gleichzeitige Entstehung beider Gruppen. Wer die Grabstelen
ans Ende der mykenischen Entwicklung oder gar über sie herabrücken will, wird erst einmal beweisen müssen, daß
die gleich zu besprechenden Ornamente damals noch im Gebrauch waren; das dürfte ihm schwer fallen.
 
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