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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0310

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302

III. Ergebnisse

und emporgeworfenen Schweife hinzuweisen, die zu 240 stimmen. Auch dieses aus-
gezeichnete Werk werden wir demnach einem festländischen Künstler zuschreiben,
der freilich in seinem Stil aufs stärkste minoisch beeinflußt war. Überhaupt dürfen
wir in Rasse, Beliebtheit und Verwendung des Pferdes eines der bezeichnendsten
Merkmale festländisch mykenischer Kultur gegenüber der minoischen erkennen.

Vogeldarstellungen sind in den Schachtgräbern zahlreich. Heral-
disch stilisierte Adlerpaare erscheinen als Glieder der „Ordenskette"1) aus
Grab V (689, LXVI und S. 129 Abb. 48) und in zwei Typen auch unter dem weib-
lichen Schmuck (44. 60, XXVI). Wappenartig wirkt auch das aus Adlerprotomen
gebildete Heft des Prunkdolches 294, LXXXVII. Diese Wirkung wird bei den
Goldblechen dadurch erhöht, daß die Adler von den Greifen die Spirallocken über-
nehmen. Als Wappenpaare kommen auch Schwäne vor: 43, XXI. Die Vögel auf
den Kultbauten 26, XXVII = 242 — 4, XVIII und auf Kopf und Schultern der
nackten Göttinnen 27/28, XXVII sind von Einigen für Adler, vonAnderen für Tau-
ben gehalten worden"), je nach ihren Deutungsversuchen: denn bloß aus den klei-
nen, ungenauen Darstellungen läßt sich die Gattung dieser Vögel ebensowenig er-
schließen wie derer des Nestorbechers 412, CIX. Immerhin scheint es, daß der
Vogel auf dem Kopfe von 27/8 ein anderer sein soll als die beiden von den Schul-
tern von 27 wegfliegenden. Diese stimmen in ihren kürzeren, breiteren Hälsen und
gedrungenerem Körperbau mit denen von 26 = 242—4 überein, ebenso mit 412.
Es können wohl, müssen aber nicht Tauben sein. Auf den Schnabelkannen 946 f.
952, S. 164 Abb. 80 f. sind wohl Wasservögel dargestellt (Abb. 124/5); von den
beiden Typen kehrt der stärker „geometrisierende" in Phylakopi wieder (oben
S. 254 Anm. 4), der andere, mit dem großen, runden Klecks als Leib, dort und in
den Temple Repositories von Knossos (Excav. at Phyl. Taf. XIV 2; Evans I 557 ff.
Abb. 404 f.). — Dagegen lassen zwei Darstellungen keinen Zweifel an der Gattung
zu: die über felsiges Gelände fliegenden beiden Schwalben des Schmuckbleches
24, XXI, denen sich die kleinen, als Füllmuster verwendeten des Diadems 234,
XXXVII gesellen; und die Enten auf der Dolchklinge 765, XCIH f., deren unbe-
holfenes, ängstliches Flattern im Gegensatz zu der Geschmeidigkeit der verfolgen-
den Leoparden meisterhaft wiedergegeben ist (beste Abb. Evans III 114 Farbtaf.
XX). Wenn diese Klinge ein ausgezeichnetes minoisches Original sein mag, ist das
Goldblech 24 offenbar nach einem solchen von einem mittelmäßigen mykenischen
Toreuten kopiert. Man vergleiche die Schwalben auf minoischen Wandgemälden
von Melos und Knossos (Excav. at Phylakopi 120 Abb. 92, vgl. 73 Abb. 61; Evans
II 379 Abb. 211. III 43 Abb. 26; Siegelabdruck II 766 Abb. 497); die Enten auf
Vasen von Phylakopi und Siegelabdrücken von Knossos, sowie eine goldene glei-

*) Sie ist eine fürs Grab gefertigte Nachbildung der gewiß schweren und kunstvollen Originalkette, die auf den
Erben des hier bestatteten Fürsten überging.

2) Milani, Studi e Maleriali I 213 ff.; Evans I 223 f. Abb. 169.
 
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