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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0322

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314

III. Ergebnisse

Evans III 127 f. Abb. 81 f.), sowie eine angeblich aus Thera stammende in Kopen-
hagen (Perrot-Chipiez, Hist. de l'Art VI 974 Abb. 550). Jüngst hat C. Biegen
zwei weitere, mit Vögeln und Delphinen verzierte beim Heraion von Argos aus-
gegraben (AJA. XXIX 1925, 425 f.). Indessen spricht gegen Mykenai als Her-
stellungsort zweierlei: die Lilienklinge 764 ist mit einem recht minderwertigen
Griff versehen, als wäre ein kostbares, importiertes Stück gebrochen und durch
eine geringe, einheimische Nachbildung ersetzt worden; außerdem aber zeigen die
bekannten Prunkwaffen aus dem Grabe der Königin Ah-hotep1) gerade auch in
der Technik unverkennbar den Einfluß von Werken wie unsere mykenischen; und
wir werden unten S. 316 ff. sehen, daß nichts für direkte Beziehungen zwischen
Peloponnes und Ägypten spricht, alles für eine Mittlerrolle Kretas. So bleibt diese
Frage offen, zugleich auch die nach der Herkunft des Niellos oder Blachmals, der
m. W. in den Schachtgräbern zum ersten Male auftritt. M. Rosenberg nennt ihn
„ein durch Zusatz von Schwefel geschwärztes Metall" (Niello2 1924, 1) und fügt
(ebenda 12) hinzu: „Email ist Glas, Niello ist Metall, Email ist spröde, Niello ist
dehnbar." G. Möller (Die Metallkunst der alten Ägypter 27) betont den mykeni-
schen Einfluß bei den Waffen aus dem Grabe der Ah-hotep: „Die Vermutung liegt
daher nahe, daß die Ägypter das Nielloverfahren dem ägäischen Kulturkreis ent-
lehnt haben: eine ägyptische Erfindung ist es jedenfalls schwerlich. Der wesent-
liche Bestandteil des Blachmals (Schwefel) kommt zwar innerhalb des ägyptischen
Machtbereiches, auf der Sinaihalbinsel und im unteren Nubien vor, aber er hat
im wirtschaftlichen Leben des Nillandes keine Rolle gespielt, wir hören sonst nie
von seiner Verwendung." Man wird diese Erfindung am ehesten den Kretern zu-
trauen.

Über die Griffe und Knäufe unserer Dolche und Schwerter ist einiges schon
oben gesagt (S. 202 ff.). Daß Stücke wie 276/7. 407. 634 f. 690. 763, LXXIV f.,
LXXXIII f. festländische Arbeiten sind, scheint mir schon nach der Ornamentik
gesichert. Schwanken kann man über die Herkunft von 396 f., LXXXIX f. 435,
LXXIV. LXXXVII: die Muster bestehen hier aus winzigen, in Elfenbeinplatten
eingehämmerten Goldstegen (vgl. oben S. 203). Ich möchte auch hier Kreta aus-
schließen, nicht so sehr weil bisher ähnliche Stücke dort fehlen, sondern weil mir
gerade die überaus mühselige, exakte Technik dem minoischen Temperament zu
widersprechen scheint: es pflegt schwere Arbeit zu scheuen. Auch der ausgezeich-
nete Elfenbeinknauf 295 b, LXXV ff. paßt mit der streng heraldischen Anordnung
und Stilisierung seiner Löwen besser zu Mykenai als zu Kreta, weniger der
elfenbeinerne Griff 785, CXXXVI und S. 141 f. Abb. 58 f. Indessen bildet bei bei-
den natürlich das Minoische die stilistische Grundlage.

Eine Sonderstellung nimmt der Prunkdolch 294/405, LXXXVII f. ein. Die
Form der Klinge ist ungewöhnlich, die Technik von Heft und Griff mit ihren Ein-

4) F. v. Bissing, Ein Thebanischer Grabfund Taf. I ff.; Winter, Kunstg. in Bild. 3. Heft, Farbtafel zu S. 84. Für
eine ägyptische Priorität in der Technik hat sich m. W. Niemand ausgesprochen.
 
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