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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Clemen, Paul: Die deutsch-nationale Kunstausstellung zu Düsseldorf, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0573

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-*-4sö> DÜSSELDORFER AUSSTELLUNG


WALTER LEISTIKOW GRUNEWALDSEE
Deutsch-Nationale Kunstausstellung zu Dusseldorf

grossen Landschaftern erscheint Franz Hein
mit einem frischen Doppelbildnisseiner Söhne,
Friedrich Fehr mit einem feinen, in däm-
meriger Märchenstimmung gehaltenen Bild
„Die Alte" (Abb. s. S. 544) — ganz erfüllt von
liebenswürdigem Spitzwegschen Humor.
Sehr viel Gutes wäre bei den Dresdenern
zu nennen, die einen stattlichen Saal ein-
nehmen. Richard Müller hat hier einen
alten Mann in der Pelzmütze ausgestellt, ein
Zeugnis unendlichen Fleisses, an dem jedes
Härchen sauber durchgeführt ist — aber ich
fürchte, diese Kunst führt mehr zu Balthasar
Denner als zu Holbein. Nur eine kleine
Farbenstudie von ihm „Mein Hund Box" hat
etwas von Dürers Kaninchenstudien. Kuehl
ist mit drei Bildern würdig vertreten, die seine
grosse Kunst aber nicht erschöpfend zeigen,
gut auch Leon Pohle, Oscar Zwintscher,
Georg Lührig. Hans Unger bringt das
Bildnis seiner Frau (Abb. s. S. 536), das durch
das glänzende Kolorit und den merkwürdigen
Reiz dieser gesunden Schönheit im vorigen
Jahre in Darmstadt jedermann fesselte, und
daneben sein eigenes Bildnis im Sweater,
voll einer unbändigen Energie. Alles wird

aber erdrückt und erschlagen durch den
grossen Sascha Scheider, der die ganze
eine Wand füllt. Es ist eine ganze byzan-
tinische Ikonostasis. „Um die Wahrheit"
nennt sich das merkwürdige Werk. Oben
in der Mitte eine Bronzefigur, halb Ofen,
halb Puppe, zur Seite die Vertreter aller der
Religionen, die nach der Wahrheit ringen, und
in der Predella diese Wahrheitskämpfer unter-
einander im brudermörderischen Schlachten
(Abb. s.S. 534/35). Es ist schwer, dem Bild
ganz gerecht zu werden. Der Gedanke ist zu
wenig klar, die Gegenüberstellung zu schief,
und misstrauisch wittert man das ärgerlichste
Missverstehen bei dem Künstler selbst. Diese
Unklarheit ist zweifelsohne ein schwerer
künstlerischer Mangel. Als Sascha Schneider
seine gewaltigen Wandbilder in der Kirche
zu Kölln bei Meissen vollendet hatte, glaubten
wir einen Augenblick, es sei hier wirklich ein
neuer grosser Monumentalmaler entstanden.
Jetzt möchte man ganz daran verzweifeln.
Neben allerlei gut Beobachtetem in der grossen
Schlachtscene, in der die Kämpfer fast auto-
matenhaft und gar zu leidenschaftslos mit
den riesigen Speeren hantieren, doch allzu

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