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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Clemen, Paul: Die deutsch-nationale Kunstausstellung zu Düsseldorf, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0588

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-s-4Ö> DÜSSELDORFER AUSSTELLUNG <^s-


'^1

\*i Wf*^E!^^^^' kämpft.
drückt er
auch all seinen
Gestalten auf. Man
denkt an Schopenhauers
Wort: Der einzige Masstab,
mit dem grosse Naturen würdig
gemessen werden, ist die Wahr-
haftigkeit. Der Vorgang verlangt hier
höchste Steigerurig der Bewegung, aber
^Bf^ diese Unruhe hat auch den höchsten Grad
erreicht. Der Farbenaccord ist frisch und
kalt, herbe Seeluft bei bedecktem Himmel.
Auch die Farbe ist dieser dramatischen Scene
angemessen, nichts darum von jenem feinen
und intimen koloristischen Reiz, den das
wundervolle Bild hat, dass die Düsseldorfer
Galerie von ihm besitzt, sein „Christus und
Nikodemus". Es herrscht hier mehr die Dra-
matik seiner neuen grossen Wandgemälde in
otto der der Friedenskirche.
schütz ver- Die Persönlichkeit von Gebhardts als Lehrer
peter Janssen pinx. lässt die heimat ist viel zu stark, als dass sich ihr seine
Schüler entziehen könnten. Sie lernen alle
in seiner Sprache reden. Die Methode ist
jährigen Jesus im Tempel", den „Jüngern von erlernbar, sagt Condorcet, aber nicht das
Emmaus", der „Kreuzigung", der „Berg- Genie. Der feinste Künstler unter ihnen
predigt", der „Auferweckung des Lazarus", ist Louis Feldmann, der in seinem „Jüng-
„Jakob und dem Engel" ein grosses, neues ling von Nain" ein liebenswürdiges, stim-
Gemälde, im letzten Winter vollendet — das mungsvolles Werk geschaffen hat, der ener-
Gemälde ist für eine Galerie in Essen bestimmt, gischste Edmund Massau. Auf ganz selbst-
die grosse Skizze besitzt Professor Oeder — ständigen Bahnen sucht der junge und sehr
„Christus auf dem Meere" (Abb. s. S. 554). talentvolle Josef Winkel mit seinem „Toten-
Es hat alle Vorzüge seiner Schilderungskunst tanz" zu wandeln. Höchst interessant ist es
in einer Steigerung: die ungeheure Intensität zu beobachten, wie die Gebhardtsche Art
in der Durchdringung des Vorgangs, in den jenes Nazarener Epigonentum der Schule
tobenden, entsetzten, jammernden, verzwei- Karl Müllers ganz verdrängt und die ganze
feinden Aposteln, dem mit Todesmut gefasst religiöse Malerei langsam gewandelt hat: nur
der eigenem Kraft vertrauenden Ruderer und in Heinrich Lauenstein hat diese von hohem
dem fast stumpf das Steuer führenden Boots- Schönheitssinn getragene Richtung noch eine
mann, die ganze Skala von Furcht und Grauen, vornehme Vertretung gefunden,
und dem gegenüber die ruhige, feierliche. Die grösste Ueberraschung für den ferner-
abweisende Hoheit Christi. In seiner fast stehenden Beobachter brachte die Ausstellung
fanatischen Feindschaft gegen alles Konven- der Werke Peter Janssen's. Janssen ist
tionelle, gegen alles Banale und Weichliche seit 1895 Direktor der Akademie, aber schon
im Ausdruck, sucht der Künstler überall die seit mehr als zwei Jahrzehnten der eigent-
grösste Tiefe der Empfindung, den stärksten liehe Diktator der Düsseldorfer Kunstschule.
Anteil an dem Hauptvorgang: fast in einer Unsere Monumentalmaler kommen auf den
Art Krampf, wie festgesogen und fasciniert modernen Ausstellungen ja regelmässig zu
hängen darum auf seiner Bergpredigt aller kurz, wenn sie nicht von Zeit zu Zeit mit
Augen an der Hauptfigur. Und die wilde einem Tafelbild wieder eine Visitenkarte ab-
leidenschaftliche Art, in der sich Gebhardt geben. Und wenn ihre Werke, soweit sie
selbst giebt, wenn er für seine Ueberzeugung nicht auf die Wand gemalt sind, einmal aus-

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