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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 18.1902-1903

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Kaufmann, Hugo; Wirth, Robert; Neumann, Ernst; Esswein, Hermann: Zum Thema "Die Kostümfrage in der Denkmalskunst"
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https://doi.org/10.11588/diglit.12081#0162

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-a-SÖ> DIE KOSTÜMFRAGE IN DER DENKMALSKUNST -C5s^

Schließlich: wohin soll eine solche idealisierte
Gestalt passend aufgestellt werden? Eine Idealfigur
braucht eine ideale Umgebung. Man denke sich,
wenn immerhin in leidlich-mögliche Entfernung ge-
rückt, doch sichtbar von einem solchen Standbilde
aus der Straßen lange Zeile! —Wir leben in einer
Zeit, da man unruhig nach Extremen si eht.
Plauen v. Robert Wirth

III.

Die von der Redaktion der >Kunst für Alle« im
Anschluß an die Debatten um das Tuaillonsche
Denkmal für Kaiser Friedrich angeregte Kostümfrage
ist dafür kennzeichnend, wie sehr die Denkmalskunst
heute immer mehr Problem wird. Sie soll ihre
Werke in ein Zeitmilieu einfügen, dessen konstruk-
tive, charakteristische Formen*) das als monumen-
talen Schmuck gedachte, historisch oder idealistisch
kostümierte Denkmal ästhetisch unmöglich machen.
Ist das in seinen Formen idealisierte Denkmal dann
gar noch eine symbolische Huldigung, so kommt
noch hinzu, daß durch die symbolische Darstellung
der betreffenden Persönlichkeit (z. B. Bismarck als
geharnischter mittelalterlicher Ritter) das moderne,
realistische Empfinden, unser Tatsachensinn belei-
digt werden, welche vom Denkmal, genau wie vom
Porträt, die Wiedergabe des Wesentlichen verlangen,
nicht aber das Hervorheben eines vielleicht nur in
der subjektiven Auffassung des jeweiligen Plastikers
wesentlichen Einzelzuges.

Zu einem modernen Denkmal gehört eben die
moderne Tracht als wesentliches Element hinzu, und
besonders die moderne Militärtracht, die Uniform,
ist für die Herrscher, Staatsmänner und Heerführer

*) Glas- und Eisenbauten, Warenhauser, Tramway-Oberleitungen,
Hochbahnen. Stadtbahnbogen, geradlinig geführte Straßen, Fabrik-
essen etc. etc.

unserer militaristischen Aera genau so wesentlich,
so charakteristisch wie die Toga für die entspre-
chenden Gestalten der römischen Antike. — Jedoch
auch dem realistischen Plastiker gelang kein Denk-
mal, welches den obigen Anforderungen nach,
modern, zugleich aber auch ästhetisch einwandsfrei
gewesen wäre; modern uniformierte Gestalten auf
langmähnigen, geradezu vorschriftswidrig stilisierten
Rossen, allegorische Genien und heraldische Tiere
stillos mit modernen Soldatenfiguren u. dgl. zu-
sammengemengt, sind daher heute die Regel. Solche
historische, idealisierende Zutaten zu der modern,
d. h. sachlich gehaltenen Hauptfigur beweisen, daß
auch der modern bestrebte Plastiker mit eben diesen
sachlichen, modernen Formen, mit der Uniform
nichts ausrichten konnte. Bedingt ist dies durch
die ästhetische Eigenart der Uniform, die nur in
ihrer Eigenschaft als einheitliche Kleidung symme-
trisch formierter, zweckgemäß bewegter Truppen-
körper ihre ästhetischen Qualitäten offenbart, die
nur in ihrem Milieu als Objekt künstlerischer Dar-
stellung in Betracht kommt. Das Milieu der Uni-
form aber sind Gefechtsübungen und Paraden,
Märsche und Biwaks. Aus diesem Milieu heraus-
gerissen ist die Uniform an sich weder >schön<
noch »häßlich«, sondern schlechthin ungeeignet zu
künstlerischer Darstellung, am wenigsten aber ge-
eignet zur plastischen, für die weder Farbe noch
heftige Geste in Betracht kommen. Das realistische
Schaffensprinzip bei einem modernen Denkmal kon-
sequent durchgeführt, ergäbe ein Gebilde, dessen
Eigenart die polychrome Wachsplastik der Panop-
tikums oder die Bleisoldatenindustrie weit besser
wiedergeben könnte, als alle Erz- und Marmorskulptur.
Versagt also am Probleme des modernen Denkmals
sowohl das idealistische, als auch das realistische
Schaffensprinzip, so finden wir den Grund dafür in
der Tatsache, daß aus unserer Zeit keinerlei Fäden
 
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