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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 18.1902-1903

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Von Ausstellungen und Sammlungen - Denkmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.12081#0312

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VON AUSSTELLUNGEN

UND SAMMLUNGEN

DERLIN. Franz Stuck-Ausstellung bei Schulte.

Schuhes Salon war der erste, welcher vor andert-
halb Jahrzehnten den Berliner Kunstfreunden die
Bekanntschaft mit Franz Stuck vermittelte; neben
genialen Zeichnungen des begabten Bayern waren es
damals im besonderen die beiden Gemälde »Wächter
des Paradieses« und »Lucifer«, welche einen Großen
im Reiche der Kunst ankündigten. Und jenes einmal
angefachte Interesse hat sich für Stuck seit jenen
Erstlingswerken in Berlin ganz besonders lebendig
erhalten, jede neue Schöpfung, in der Stuck mit
dämonischer Kraft sein Programm des mystischen
Realismus koloristisch reizvoll in die Erscheinung
rief, begegnete hier ungeteilter Aufmerksamkeit. Wie
haben sich die Massen der Besucher vor' Stucks
vielumstrittener »Kreuzigung« gestaut, wie ist man
wochenlang zu seiner »Sünde« gewallfahrtet! Das,
was Stuck schuf, gefiel glücklicherweise niemals
allen, aber kalt und unberührt ließ es niemand.
Gerade gegenüber den vielen faden Nachtretern
Böcklins hob sich Stucks Weise kraftvoll originell
ab; ein Beeinflussen, wie es der Schweizer Meister
auf ihn ausübte, zeigte deutlich, welch ein kongeniales
Talent hier fruchtbare Anregungen empfangen und
verarbeitet hatte. Das zwingende, dekorative Element,
welches sich in jedem neuen Stuck, einerlei, ob
klein oder groß im Umfang, geltend machte, fand
hier bei allen, nicht dem bekannter. Kunstring zu-
gehörenden, Kunstfreunden, die regste Anerkennung.
Stucks unvergleichliche Farbendichtungen: -. Forellen-
weiher«, Herbstabend«, »Glühwürmchen«,»Bacchus-
zug«, um nur einige aus den verschiedensten Schaffens-
perioden zu nennen, sind allen Berliner Kunstfreun-
den in lebendiger Erinnerung und von seinem
Märchenbild »Es war einmal« meinte Wildenbruch
begeistert: »das allein trifft den rechten Märchen-
ton«, und der Berliner Poet hatte viele, die seine
Meinung teilten. Stuck als Bildhauer entfesselte
einen wahren Sturm der Begeisterung, schon sein
»Athlet« wirkte wie eine Fanfare, welche den Sieg
des monumentalen Gedankens verkündete; dieser
ideale Realismus, welcher im strengen Anschluß
an die Antike pulsierendes Leben in Formen prägte,
feierte in seiner »Amizone«, sowie im »Kentaur« und
dem Relief der »Serpentin-Tänzerinnen« Triumphe,
wie sie so unbestritten wenigen Plastikern der Gegen-
wart zuteil wurden. Die Häupter der Berliner Bild-
hauerschaft waren und sind noch heute die eifrigsten
Bewunderer von Stucks plastischen Schöpfungen.
Daß die Skulpturen Stucks, welche als Bronzen
seine letzte Sonderausstellung schmückten, im Vor-
dergrunde der Wertschätzung standen, war nur natür-
lich. Unermüdliches Schaffen bewies die Folge
der zweiundzwanzig allerdings nicht gleichwertigen
Gemälde; das feinsinnige »Levi-Bildnis«, die in der
Farbe ausgezeichnete Susannac und last not least das
in Ton und Auffassung wie ein echter ernsthafter
Stuck wirkende Doppelporträt des Künstlers und
seiner Frau, erregten vor allem die Aufmerksam-
keit. Stucks schöne Gattin, die er uns schon oft
als Studienkopf, als Athena gegeben, wurde natür-
lich von den weiblichen Besuchern am eingehend-
sten geprüft. Die dämonische Wucht, welche in
Stucks von Furien verfolgtem Verbrecher zutage
trat, hat in der zeitgenössischen Kunst wenig ihres-
gleichen und die »kämpfenden Faune« sind Fabel-
wesen, deren Lebensfähigkeit eben nur ein Stuck
so glaubhaft vor Augen stellen kann. Jedenfalls hat

auch diese letzte Berliner Ausstellung wieder einen
interessanten Einblick in das Arbeitsgebiet eines
unserer bedeutendsten deutschen Künstler gegeben,
der das Wort »Jeder Augenblick ist der Beginn
eines neuen Lebens«, durch seine Leistungen in
Zukunft hoffentlich noch oft überraschend bewahr-
heiten wird. H.V.

'TvRESDEN. Das Kunstleben war im abgelaufenen
Winter, soweit die Ausstellungen in Frage kom-
men, sehr rege. Die bedeutendsten brachte wieder
die Kunsthandlung Ernst Arnold (Besitzer Ludwig
Gutbier, kgl. Hofkunsthändler). Wir sahen zuerst
eine ausgewählte Sammlung von Bildern der Schule
von Fontainebleau, in der besonders Millet, Rousseau
und Corot ausgezeichnet vertreten waren. Daran
schlössen sich die Impressionisten Monet, Sisley,
Renoir, Raff'aelli, während in der folgenden Aus-
stellung die Neo-Impressionisten Signac, Croß, Seu-
rat, Rysselberghe, Luce ausgiebig zu Worte kamen.
Man konnte sich in diesen ebenso umfänglichen wie
lehrreichen Veranstaltungen, die mit großer Mühe
und gleicher Sachkenntnis zusammengebracht waren,
von der Entwicklung der französischen Landschafts-
kunst in ihren wichtigsten Erscheinungen ein treff-
liches Bild machen. — Weiter brachte der Ernst
Arnoldsche Kunstsalon den Nachlaß des Münchener
Malers Langhammer, der zuerst in München zu
sehen war, sodann folgten zahlreiche Werke der
beiden Dresdener Griffelkünstler Georg Jahn und
Otto Fischer. Georg Jahn ist als Radierer ein
Techniker ersten Ranges, ein trefflicher Beobachter
und ausgestattet mit feinem Formgefühl. Das Beste,
was er zu geben hat, sind seine Bildnisse. Als
Phantasiekünstler kommt er schwerlich in Frage,
vielmehr leiden seine Kompositionen zuweilen an
einer gewissen Nüchternheit. Otto Fischer dagegen
ist ein Dichter mit dem Stift. Er schafft aus kraft-
vollem inneren Empfinden heraus und weiß uns
mächtig in den Bann der großen Stimmungen zu
ziehen, die er der Natur abzulauschen weiß. Mit
der Innerlichkeit des seelischen Ausdrucks vereinigt
sich die fesselnde malerische Kraft der prachtvollen
Gegensätze von hell und dunkel. Zu den früheren
Meisterwerken Fischers, z. B. der Sommernacht
(Großer Garten in Dresden), Arkadische Landschaft,
Sonnenuntergang, Mädchen im Walde, Abziehendes
Gewitter, brachte die Arnoldsche Ausstellungnament-
lich als hervorragende Werke: Roe die Bucht, Ruine
im Riesengebirge und Mondscheinstimmung mit
Pappel. — Hieran schloß sich die weniger belang-
reiche Weihnachtsausstellung, dann aber folgte eine
Sammlung von Bildern Wilhelm Trübner's, welche
das ganze Entzücken der ernsten Kunstfreunde und
noch mehr der Künstler bildete. Sie umfaßte nicht
weniger als dreißig Gemälde, darunter einige Bild-
nisse, ein lebensgroßes Reiterporträt, sieben Pferde-
köpfe und eine Anzahl Landschaften — darunter
eine Anzahl von Meisterwerken malerischer Kunst,
die über jedes Lob erhaben sind. Leider wurde für
die kgl. Gemäldegalerie auch nicht ein Stück er-
worben. — Gegenwärtig ist bei Arnold eine Aus-
stellung von weiblichen Bildnissen veranstaltet. Sie
bietet sehr viel Interessantes; am bedeutendsten
sind die drei Bildnisse von Wilhelm Trübner, neben
ihnen, die das rein Künstlerische im vollen Sinne
veranschaulichen, erscheinen die Lenbachschen —
man kann es nicht anders sagen — als konventio-
nell, von gesuchter Eleganz, mögen sie an sich auch
Meisterleistungen eklektischer Auffassung sein. Zu
Trübner stehen dann Leibi, Liebermann, Slevogt,
Corinth, Hans Olde und Fritz von Uhde (Lachendes
Mädchen, zu Uhdes besten Leistungen gehörig).

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