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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 18.1902-1903

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Zuckerkandl, B.: XVII. Ausstellung der Wiener Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.12081#0377

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-a-s^> XVII. AUSSTELLUNG DER WIENER SECESSION <&s-*-

genes. Der Naturalismus als Selbstzweck
wurde überwunden, und die Assimilation der
großen Lehren des Impressionismus hat seine
Früchte getragen. Nun sucht der Schaffende
die Natur, welche er ganz und ehrlich in
sich aufgenommen hat, auch zu beherr-
schen. Er will den Vorstellungen der äußeren
Formenwelt den Stempel der inneren Ideen-
welt seines Ichs aufdrücken.

Die Gestaltungen der Natur sind, weil in-
timer in ihren Wirkungen, unmittelbarer ge-
worden. So macht sich die Wendung zu
seelischer Durchhauchung des Naturaus-
schnittes besonders bei Karl Moll bemerk-
bar. Er, sowie Andri, Stöhr, Roller und
Kurzweil haben ihre Motive nicht in der
Hast der Studienreise, nicht in der eilig zu-
gemessenen Zeit der Naturerspähung sich
geholt. Ihr durch äußere Lebensbedingungen
geschaffenes Milieu gestattet ihnen in wohliger
Ruhe liebevolles Verweilen. Aus den Atelier-
fenstern meist, oder in unmittelbarer Nähe
des Wohnhauses sind die Momente ausgelöst,
deren innige, vertraute Wiedergabe uns er-
freuen. Wir sehen wieder einmal, daß nur
das Erlebnis, daß nur seelisch tief aufge-
nommene Vorstellungen auf das Schaffen
eines Künstlers befruchtend wirkt.

Jettmar und Koenig bringen Phantasien

voll malerischen Empfindens, Orlik sucht mit
viel Geist und Selbsterkennen aus seinen
japanischen Errungenschaften die Summe
seiner Stilentwicklung zu ziehen. Klimt,
dem im Herbst dieses Jahres das ganze
Haus der Secession zu einer Gesamtaus-
stellung eingeräumt werden wird, hat jetzt
keinen eigenen Raum zur Verfügung, sondern
stellt drei Werke in dem großen allgemeinen
Saal aus. Einen leuchtenden Farbenfleck, „Irr-
lichter" genannt, in welchem reizvolle Frauen-
körper auftauchen und verschwinden, einen
sonnendurchleuchteten Wald und einen „Som-
mertag" voll sprießenden Lebens einer blüten-
trunkenen Natur.

Ueberraschend kräftig ist Engelhart ge-
worden. Die bunte Welt des faschingsfrohen
Wiens hat er festgehalten. Strotzend derbe
Gestalten, in der Hitze animalischer Tanzes-
freude. Dann Straßentypen voll kernigen
Humors. Auch hier ist es die glänzende Milieu-
kenntnis, welche den Werken eine gesehene
erlebte Lebendigkeit verleihen.

Einige schöne Skulpturen von Canciani,
Engelhart, Luksch und Metzner, inter-
essante graphische Arbeiten und konstruktiv
edle, vielfach intarsierte Schränke vervollständi-
gen das erfreuliche Gesamtbild der Ausstellung.

B. Zuckerkandl

walter leistikow vor fr 0 h li n g (1900)

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