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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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Huber-Liebenau, Theodor von: Ueber gewerbliches Ausstellungswesen, [1]
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allgemeinen Unterhaltung dienten, wie man heutzutage etwa
ein Panoptikum oder andere derartige Sehenswürdigkeiten
zur Schau ausstellt.

Den eigentlichen Uebergang von all' diesen Unternehm-
ungen und insbesondere vom weiteren und niedereren Be-
griffe des Marktes zum engeren und höheren Begriffe unserer
heutigen Expositionen bildet eine Ausstellung, welche bereits
im Jahre (569 von Ostern bis Pfingsten zu Nürnberg
stattfand, und deren offizieller Aatolog also beginnt:

„Im Rathhaus hat die Stadtvogtei zum Er-
götzen und Verwundern für Jedermann, sonderlich
„einem ehrenhaften Handwerkerstands zu Nutz und
„Lehr, „„alle Newerungen in denen pantirungen
„„der Newzeit aus der ganzen N)elt selbander mit
„„unsere ainhaimische Aunsterzaignuß""zum Begucken
„niedergelegt, was feithero noch in keiner Stadt ge-
„fchehen. Um den Männern von künstlichen Fertig-
„keiten in ihrer Arbeit behilflich zu sein, ist ein
„gedruckter Ausweis an die Mauren genaglet, der
„eine Erklärung von mehr denn (00 Sachen giebt.
„Mer schreibkundig, darf selbigen auch abschreiben und
„zu ewigenr Gedächtnuß sein' Uindskindern ver-
„ machen."

Man erfleht hieraus, daß dieses Unternehmen bereits
den Reim unserer modernen Ausstellungen in sich trägt,
indem es nicht mehr blos den unmittelbaren Verkauf,
sondern schon gewerbliche Belehrung und Fortbildung be-
zweckt, und möchte es in Anbetracht des hohen kultur-
historischen Interesses, das diese — so zu sagen — Groß-
mutter unserer heutigen Expositionen in mehrfacher Be-
ziehung und insbesondere auch die zu den ausgestellten
Gegenständen gemachten Bemerkungen zu beanspruchen
haben, angezeigt sein, nur einige, mitunter noch sehr naive
Ausstellungsobjekte aus jenem Ausweise nachfolgend nnt-
zutheilen, nemlich:

() Ein Spinnrad von Bein mit geschnitzten zierlichen
Zierathen und gedrechselten Faltern mit Zinn belegt,
aus Nürnberg.

2) Vier Zinnleuchter mit Dreifuß, kunstvoll zu schauen,
von Meister Seraphin, Zinnschmelzermeister aus
Augsburg.

3) Eine putzscheer aus dem neu erfundenen Mesch
(Messing), merkwürdig um Talglichter, so dumpf
brennen, zu schneuzen, daß selbige wiederum ganz
hell brennen, nachgebildet vom Büchsen- und Bogen-
meister Brunner zu Nürnberg.

q,) Zwei Schlösser zum Sperren eines Stadtthors, neu
erfunden von Schmiedmeister Aonrad der Rothe aus
Morms.

5) Eine fürtreffliche Neuerung, Draht aus Eisen und
Aupfer in langen Adern zu ziehen, um allerhand
Panzerhemde zu machen, von dem in Lhristo Heim-
gegangenen Pater kselfert zu Mürzburg der Stadt
Nürnberg geschenkt.

6) Eine absonderliche Nadel zum Meßgewandsticken, mit
einenr Zacken an der Spitz, künstlich gefertigt von
Giessermeister Gothelf in Aöln a/Rh., neu angefertigt
und approbirt aus kjartstahl.

7) Ein Wagenrad mit verkränzten Speichen und Büchsen
von Eisen niit ganz glatter Ausbohrung für Gala-

wagen aus der in Magenarbeiten weltberühmten Stadt
Wien von Gebrüder Lorenz.

8) Neue Hellebarde mit Goldschnitt aus Steyer, ganz
aus purem Stahl geniacht, mit feinem Schliff ohne
Namen, zum Geschenk für die Rathhaussammlung in
Nürnberg.

9) Rumortronimel, 1/2 Elle groß, aus purem Mesch
(Messing) mit Eselhaut zum Zusammenrotten der
Bevölkerung bei Gefahr von Feuer und Wasser, aus
Aöln a/Rh., von Siebmacher Valentinus neu ge-
macht.

(0) Ein silbernes Tiborium, gegossen vom Meister pa-
nini in Florenz, angekauft für die Lorenzer Rapelle,
H Mark schwer.

(() Ein sonderbar Bürstlein, fein aus Felsenbein, ganz
neu zum Säubern der Zähne, sonderlich für Frauen
von Vornehmheit und Adel, von dem Bürsten- und
Piuselmeister Stukhart in Mainz.

(2) Drei fürtreffliche Weibsbilder, getreulich nachgebildet
aus Felsenbein, ohn all Kleidung, von dem kjolz-
schnitzer Purkauer aus Innsbruck in Tyrol. Für
Iederinann lieblich zu schauen.

(5) Acht Messer und Gablen, ganz aus Stahl, von der
Stadt Steyer in Oesterreich in einer Nußschale sin-
ge,nacht, von Bohrer- und Sensenschmiedmeister k)el-
ferich gemacht und an die Stadt Nürnberg zum
Geschenk gegeben.

(H) Ein Riemengeschirr für ein b)erold-Trompeter-Roß,
mit Gold geziert, von Lederriemenmeister Franziskus
Heckelmiller aus Aidlingen in Bayern.

(5) Ein Kinderschaukelbett aus pur Ebenholz für Prinzen
— etwan auch für Prinzessinnen, — von Orgel-
bauer Gsthaimber in Ulm für Adolph Liechtenstein,
Fürst in Burg Medelich.

(6) Ein Maderl (Wedel oder Fächer) aus Helfendem,
fein gearbeitet, für adeliche Frauen oder vornehme
Damen zum Gebrauch, vom kleinen Bauer, Maderl-
macher in Nürnberg.

(7) Ein Gebetbüchlein in Pergament gebunden, mit Gold
bedruckt, von Manz in Leipzig. Eine Rarität von
Sauberkeit.

(8) Fidl und Fidlbogen von Leipa Böheim gemacht.

(9) Feuerbüchsen mit Zunder und Schw eselfaden, zum
überaus geschwind Feuer anmachen, wann Noch ist,
vom Büchsenmeister Strelein in Nürnberg.

20) Zwei Fröschlein von Holz, springen lieblich auf ein
Brettlein, so viel man will, aus Tyrol.

2() Ein pur seidengestrickt Taufgewand, mit kunstvollem
Gloria Deus, mit Edelgestein; alt (00 Jahr, aus
Venezien (Gonfalva gehörig).

22) Noch einmal ein Maderl vom vorigen Jahrhundert,
aus Bein und Gold aus Venezien (Gonfalva ge-
hörig).

23) Ave Maria auf ein pergamentflecklein mit Gold
geschrieben, nicht größer als ein Silberpfennnig, von
einem Augsburger Schreibmeister.

2H) Das neue Siegel der Stadt Nürnberg, von Kunst-
stecher Kraft in einem ganzen Jahr fertig gemacht;
u. f. w., u. f. w.
 
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